DPA-Meldung (8.11.1999) zum Tode des
bis dato ältesten
Olympiasiegers der Welt,
Leon Stukelj, Slowenien.
Mit Stukelj verlässt ein Phänomen die Sportwelt
Maribor - In seinem am Sonntag von der slowenischen Zeitung Nedelo
veröffentlichten letzten Interview sagte er über den Tod: «Ich habe keine Angst, einmal
muss es sein. Es soll aber schnell sein.» Nur wenige Stunden später erfüllte sich der
Wunsch des phänomenalen Leon Stukelj. Weil er sich nicht wohl fühlte, rief er in der
Nacht den Rettungsdienst. Nur kurze Zeit später, es war gegen drei Uhr am Montag und
damit fünf Tage vor seinem 101. Geburtstag, starb Leon Stukelj an Herzversagen in einem
Krankenhaus von Maribor. In Slowenien trauert man nun um den berühmtesten Bürger und die
Welt des Sports um den ältesten, bisher noch lebenden Olympiasieger.
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Leon Stukelj, Slowenien
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Paris 1924
Paris 1924
Berlin 1936 |
1924 in Paris erturnte sich Leon
Stukelj die Goldmedaillen im Mehrkampf und am Reck. Vier Jahre später bei den Olympischen
Spielen in Amsterdam triumphierte er an den Ringen. An seinem Lieblingsgerät gewann er
1936 in Berlin noch einmal Silber. «Das war damals eine große Überraschung. Seit fünf
Jahren hatte ich keinen Wettkampf mehr bestritten, und nur weil man mich überredete, habe
ich teilgenommen», hatte Leon Stukelj berichtet. Danach beendete er seine sportliche
Laufbahn.
Doch der Ruhm nahm zu, vergleichbar mit dem von Max Schmeling in Deutschland. Der am 12.
November in dem kleinen slowenischen Ort Novo Mesto geborene Leon Stukelj war nicht nur
ein außerordentlicher Sportler, sondern auch eine herausragende Persönlichkeit. Seinen
Lebensunterhalt verdiente er als Jurist, er
beherrschte sieben Sprachen. Spätestens seit der Eröffnungsfeier der Jahrhundertspiele
in Atlanta 1996, als er von IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch geehrt und von
US-Präsident Bill Clinton begrüßt wurde, wurde Leon Stukelj auch weltweit ein Begriff.
Und er diente seinem Land als Repräsentant und Vorzeigefigur. Als kürzlich Clinton in
Slowenien Station machte, lud der von der unveränderten Fitness und geistigen Präsenz
beeindruckte US-Präsident den Slowenen scherzhaft zu seinem Begräbnis ein. Der englische
Thronfolger Prinz Charles, um die Hälfte jünger als Leon Stukelj, meinte nach einem
gemeinsamen Plausch, nun habe er ein sicheres Rezept, wie er auch 100 Jahre alt werden
könne.
Das Rezept heißt Askese und ständiges Training von Körper und Geist. Die 63 Stufen zu
seiner Wohnungstür meisterte der kleine, hagere, aristokratische Mann mehrmals täglich
mühelos. Regelmäßig kräftigte er seine Muskulatur an Ringen, die er am Türrahmen
zwischen Schlaf- und Wohnzimmer befestigt hatte. Ein täglicher, ausgiebiger Spaziergang,
den er mit einer eigenwilligen Atemphilosophie verband, gehörte zur Pflicht.
Er aß nur kleine Mahlzeiten und trank täglich ein Glas selbst
gekelterten Wein. Wann er zuletzt krank gewesen ist, vermochte er nicht zu sagen. Dabei
trainierte er täglich auch sein Gedächtnis, indem er Wichtigkeiten des Tages auf Zettel
schrieb, um sie sich besonders einzuprägen.
Nur in der letzten Woche hatte Leon Stukelj auf seine Spaziergänge verzichten müssen.
Weil er sich nicht ganz wohl fühlte, hatte er auch eine Geburtstagseinladung von
Samaranch zu einem Essen am Freitag in Lausanne abgesagt.
Der große, alte Mann des
Weltsports, der in der k.u.k.-Monarchie aufwuchs und in dem selbständigen, demokratischen
Staat Slowenien starb, hinterlässt seine 87 Jahre alte Frau Lydia, mit der er 66 Jahre
lang verheiratet war, und eine 62 Jahre alte Tochter.
(dpa) |
Amsterdam 1928 |
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08-11-99
- ehe -
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