♦♦"Dynamo, Dynamo ..." - so feierte am Wochenende ein stimmgewaltiger Eisbären-Fanchor in der mit 14.200 (!!) Zuschauern total ausverkauften Berliner Mercedes-Benz-Arena vor dem Bundesligaspiel gegen die Düsseldorfer EG seine Helden der Dynamogeschichte: 50. Jubiläum des ersten Berliner Eishockey-Meistertitels 1966, auswärts gegen den damals einzigen und härtesten Konkurrenten der kleinsten Liga der Welt, gegen den damaligen DDR-Seriensieger Dynamo Weiswasser: Man kennt und ehrt sie also heute noch, die Kämpen von einst, wie Kapitän Joachim Ziesche, Dieter Pürschel, den späteren Teambetreuer Bernd Karrenbauer oder Hartmut Nickel, der heute noch als Berater der sportlichen Eisbärenleitung fungiert ...!
Bernd Schiller (li.) - trat als erster Dynamoturner 1970 zur WM international in Erscheinung; Heinz Kirsch - war 1954 Deutscher Meister (DDR) am Boden |
♦♦ Etwa zur gleichen Zeit, jedoch "in aller Stille" und Abgeschiedenheit versammelten sich auch einstige Dynamo-Athleten des Turnens zu einem Traditionstreffen, die ehemals z. T. die Weltgeschichte ihrer Sportart mitbestimmt hatten, in einem kleinen Berliner Gartenrestaurant. Und obwohl dort eine Menge von Olympiateilnehmern, Welt- und Europa- und nationale Meister sowie Medaillengewinner zusammentrafen - blieb so 'was so gut wie unbemerkt vor großer Öffentlichkeit.
International überaus erfolgreiche Trainerpersönlichkeiten wie Heinz-Dieter "Schulle" Schulze, Peter Weber, Werner Schenk, Wulf Dalhöfer, Lutz Landgraf, Erika Dechant, Bernd Metzner, ohne die in dieser so aufwändigen und komplexen Sportart mit Akribie zu führende Weltkarrieren - ja Lebenswege - schier unmöglich sind, trafen da wieder mit ihren einstigen Schützlingen zusammen:
Peter Weber, Karin Mannewitz - Olympiariege 1964 |
Unter den über 60 Gästen waren z. B. die erste deutsche Olympiamedaillengewinnerin Birgit Michailoff-Radochla dabei (Sprungsilber, Tokio 1964) und Karin Mannewitz aus derselben Olympiariege oder der erste international erfolgreich auftretende Dynamo-Turner der Männer, Bernd Schiller im WM-Bronze-Team der DDR 1970 in Ljubljana. Auch das damals einzige in der Weltspitze der achtziger Jahre turnende Zwillingspaar Jürgen "Keule" Nikolay und ...
Ex-Weltmeister Michael Nikolay, Sten Köplin-Fritsche, zwei exzellente Pauschenpferdvirtuosen |
... sein Bruder Michael vom silbernen Olympiateam Moskau 1980 (Bronze am Pferd), der ein Jahr später auch Weltmeister am Pauschenpferd wurde oder der exzellente zweimalige DDR-Pauschenpferdmeister Sten Köplin-Fritsche sowie Boden-Champion (1982) Andreas Eichelbaum schwelgten in Erinnerungen.
Ältester nationaler Meister (Boden 1954) war an diesem Abend Heinz Kirsch, der lange Jahre bei Dynamo als Trainer tätig war.
<< Bei den Frauen war auch die Deutsche Mehrkampfmeisterin von 1993 und WM-Turnerin von 1994 (Brisbane), Sandra Tomaschko (Foto, links) erstmals mit dabei, deren Olympiatraum sich dann für 1996 in Atlanta leider aus Verletzungsgründen nicht erfüllte.
Schade, dass der ansässige Turnerbund scheinbar wenig Wert auf derartige Traditionspflege einstiger Eliten legt. Wo sich hinter aktuellen Topleistungen bei den Spielsportarten schiere Wände begeisterter Fans auftürmen, verschläft wohl derzeit Deutschlands Turnszene die Pflege ihrer Elitekultur.
Was nützen da 20.000 Turnvereine des 5-Millionenverbandes DTB, wenn es noch nicht einmal gelingt, deren Begeisterung für die nationale Turn- und Gymnastikeliten zu wecken und zu pflegen, geschweige denn strategisch klug auf die eigenen Top-Stars zu lenken - auf die der Gegenwart, wie auch auf die, der Vergangenheit?
Wer aber soll's dort richten ...? Zumeist sitzen oberhalb der Leitungsebene der Bundestrainer zumeist sich vorwiegend selbst verwaltende "installierte Inkompetenzen", mit viel zu geringer Professionalität bzw. Sachkenntnissen, mit zu wenig Seele und Herzblut für die doch so faszinierende und komplexeste Sportart des olympischen Kernprogramms.
♦♦ Was sagte doch am Wochenende Eisbären-Geschäftsführer Peter John Lee:
„Ohne die Erfolge der Pioniere von damals, die das Eishockey auch in der schweren Zeit am Leben gehalten haben, gäbe es jetzt auch kein Eishockey in der Mercedes-Benz Arena.“
Doch was im Eishockey gilt, sollte gerade im Gerätturnen von noch viel größerer Bedeutung sein! Was Traditionspflege betrifft, liegt allerdings hier Vieles im Argen und sollte nicht nur auf Privatinitiativen, wie die des Ex-Wecker-Trainers Lutz Landgraf und der Turn-Dynamos beschränkt bleiben. Kluger Weise haben selbst die aber schon längst das breite Spektrum der ganzen Berliner Turnerei einbezogen. Vielleicht engagiert sich hier im nächsten Jahr sogar ein Berliner Turnerbund, bevor er ganz zum Freizeit- und Erholungsverband mutiert.
Apropos: Tags darauf soll es in der Mercedes-Benz Arena sogar ein "Feuerwerk der Turnkunst" gegeben haben - tolle Veranstaltung (!) - ja, auch mit Turnkunst; von deutschen Turnkünstlern internationalen Coleurs der Gegenwart fehlte in Berlin - der weltweit erfolgreichsten Stadt des Kunstturnens - allerdings jegliche Spur!
(c) gymmedia / -ehe-
* ANMERKUNG:
Wie doch die Zeit vergeht ...!
Vor 6 Jahren (2010) besuchte GYMmedia schon einmal dieses vom Wecker-Trainer Lutz Landgraf initiierte und organisierte Treffen:
►► Dynamo-Traditionstreffen 2010