"DHfK" - diese vier Buchstaben kennzeichneten 40 Jahre lang die zentrale Lehr- und Forschungseinrichtung für Körperkultur und Sport in der DDR. Am 22. Oktober 1950 nahm sie ihren Lehrbetrieb auf, gründete sich dabei auf die Tradition des bereits 1925 in Leipzig gebildetenn ersten deutschen Instituts für Leibesübungen. Spätestens seit Mitte der 1960'er Jahre gewann die DHfK in Leipzig, vor allem durch ihre Trainerausbildung, auch internationale Anerkennung. Vier Jahrzehnte lang zählte die DHfK Leipzig weltweit zu den erfolgreichsten Sporthochschulen und repräsentierte einerseits einen Höchststand der Sportwissenschaften ebenso, wie sie andererseits fest in das staatspolitische System der DDR eingebunden war und letztlich "die Sportwissenschaften parteipolitisch von der SED missbraucht und zu internationaler Selbstisolierung gezwungen wurden" wie Autor und Hochschullehrer Jochen Hinsching schon im Januar 1990 in einem "Positionspapier" einschätzte ...
♦ Zuletzt waren an der Hochschule ca. 2.000 Studenten, darunter etwa die Hälfte als Direktstudenten eingeschrieben. Im Jahr 1989 hatte die DHfK ca. 1.050 Mitarbeiter, wovon etwa die Hälfte im wissenschaftlichen Bereich tätig war.
→ Am 11.Dezember.1990 beschloss die sächsische Staatsregierung in Dresden trotz einer großen Protestwelle gegen diese Pläne die Auflösung und Abwicklung der DHfK. Die Reste der DHfK wurden der Universität Leipzig als Sportwissenschaftliche Fakultät angegliedert, die sich am 08. Dezember 1993 gründete.
Letzter und gleichsam erster frei gewählter Rektor der DHfK war Prof. Dr. Helmut Kirchgässner (Juli bis Dezember 1990), der anschließend Gründungsdekan der Sportwissenschaftlichen Fakultät in Gründung an der Universität Leipzig war. Laut seiner Darstellung seien zunächst „alle Anstrengungen auf die Gründung einer eigenständigen Sporthochschule gerichtet gewesen“, dies sei aber aus finanziellen Gründen gescheitert. In einem Brief, den er neben anderen an den damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf richtete, setzte sich auch Eric F. Broom (Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Körperkultur und Sport (ISCPES)) mit den Worten „Sie zu schließen, wäre ein Verbrechen“ für den Erhalt der DHfK ein. In der bundesdeutschen Sportpolitik sprach sich damals auch Erika Dienstl „als Einzige der führenden Sportfunktionäre des damaligen DSB“ für einen Erhalt der DHfK aus.
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♦♦ Aus Anlass der Gründung der DHfK vor genau 70 Jahren sendete der Mitteldeutsche Rundfunk in seiner Reihe
DER OSTEN - ENTDECKE WO DU LEBST die Dokumentation
►► "Medaillenschmiede des Ostens - die DHfK in Leipzig"
Autorin Nina Rothermundt lässt zwar in ihr auch kompetente Zeitzeugen und DHfK-Absolventen, wie Spitzenschwimmtrainer Frank EMBACHER oder den Ex-Topkanute der sechziger Jahre, Siegwart KARBE, deren Wertschätzung für die akademische Qualität der Ausbildung beschreiben, wie aber auch deren Kritik an der ideologischen Systemeinbettung. Schlussendlich fehlte aber dem wenig informierten Zuschauer leider eine tiefgehendere kritische Analyse, wieso eine in der Erinnerung der Zeitzeugen doch so hoch gelobte akademische Struktur so sang- und klanglos abgewickelt wurde, statt sie von ideologischer Überfrachtung zu befreien und geordnet in die Strukturen der (west-) deutschen Sportlandschaft zu überführen.
* Übrigens: Im Einigungsvertrag BRD/DDR widmete man sich in >> Artikel 39 dem Sport nur mit wenigen Sätzen
Dies wäre man nicht nur den vielen hochqualifizierten Hochschulkadern schuldig gewesen, sondern davon hätte auch die gesamtdeutsche Landschaft der Sportwissenschaften profitiert. Doch dies ließ wohl die in den wilden Wendezeiten vorherrschende pauschale Systemverurteilung im Stile der "treuhänderischen Abwickelphilosophie" ebenso nicht zu, wie es gleichwohl an sinnhaften zukunftsfähigen Konzepten bzw. an dem Willen dazu fehlte!
So bleibt es nun an den unzweifelhaft empathischen und nostalgischen Erinnerungen - inklusive die Reminiszensen an den bis heute existenten DHfK-Faching - die diese MDR-Dokumentation sicher bei vielen Absolventen dieser Eliteeinrichtung des deutschen Sports wachrief, die sicher mehr wahr, als nur ein ideologisches Machtmittel der untergegangenen Gesellschaft, denn der Sport war damals und ist auch bis heute eine wertvolle charkterbildende Facette menschlichen Daseins der heutigen Gesellschaft geblieben.
So sieht das sicher nicht nur der Autor dieser Zeilen, der selbst dieses DHfK-Studium absolvierte, der zu DDR-Zeiten beruflich als Sportlehrer und Trainer den Wert des vermittelten Wissens und Könnens zu wertschätzen wusste, der später als TV-Journalist darüber zu berichten hatte und - kurioser Fakt: der als erster Ost-Reporter im Westen, beim ZDF ausgerechnet mit der Berichterstattung über den Untergang der DHfK, "seiner Hochschule", im Abwickelherbst 1990 zu berichten hatte.
Ein wenig Wehmut sei einem da 30 Jahre später schon gestattet ...!
(C) GYMmedia / Eckhard Herholz
** NACHTRAG:
In einem heutigen Artikel in der Zeitung "NEUES DEUTSCHLAND" (22. 10. 2020) beschreibt Autor Andreas Müller, was letztendlich heute vom einst großen Namen "DHfK" übrig geblieben ist:
Der Name "DHfK" lebt in großer Vielfalt weiter
Die einst weltbekannte Abkürzung lebt derweil weiter im Sportclub DHfK Leipzig e.V., der am 20. September 1954 das Licht der Sportwelt erblickt hatte. Mit knapp 6.500 Mitgliedern ist er unter den 4.453 Sportvereinen im Freistaat Sachsen momentan die Nummer vier.
18 Abteilungen vereint der SC DHfK unter seinem Dach - darunter die Bundesliga-Handballer, die sich seit Jahren hervorragend entwickeln und an diesem Donnerstag mit einem Heimsieg gegen Göppingen ihre Spitzenposition in der Tabelle festigen können. Aber auch Kindersport, Fitness und Gesundheit werden großgeschrieben. Und mit Sparten wie Floorball, Flossenschwimmen, Inlineskating oder Synchronschwimmen wird im Verein weiterhin der Sport in seiner ganzen Vielfalt gefördert - ganz nach dem Vorbild der 1950 eröffneten und 1990 geschlossenen Hochschule.
* Zitat aus ND, (22.10.2020)
→ Einen umfangreichen Hintergrundbericht über die Zustände, Umstände der Wendezeiten mit Fakten und Zahlen in Sachen DDR-Sport veröffentlichte Autor Andreas Müller bereits Anfang Oktober im ND unter der Überschrift:
► DDR-Spitzensport - Ende einer Weltmacht
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