13. August 2003
Anaheim/USA
Gerätturnen
VORSCHAU: 37. Weltmeisterschaften
Am kommenden Freitag (15.8.) wird in Los Angeles (Arrowhead Pond of Anaheim, Kalifornien) die 37. und bislang größte Turn-Weltmeisterschaft aller Zeiten eröffnet werden und bis 24. August dauern.
639 Aktive (372 Herren, 269 Damen) aus 80 Ländern werden vor die Kampfgerichte treten. Es geht um insgesamt 14 Goldmedaillen und um alle Quotenplätze für die Olympischen Spiele 2004....
100 JAHRE WELTMEISTERSCHAFTEN
Als Geburtsstunde der Weltmeisterschaften gilt das Jahr 1903.
Vom 14. - 18. August fand damals das vom Franzosen Cazalet initiierte erste 'Internationale Turnier' im Männerturnen in Antwerpen statt, an dem 4 Länder teilnahmen: Gastgeber Belgien, Frankreich, Luxemburg und Niederlande.
Ab dem 10. Turnier 1934 in Budapest, bei dem auch erstmals Frauen teilnahmen, wurde das Turnier als 'Weltmeisterschaft' bezeichnet und auch alle vorangegangenen Turniere in diesen Status erhoben.
So sind die beworstehenden Welttitelkämpfe vom 16.-24. August 2003 in Anaheim die 37. der Männer und die 28. der Frauen.
ANAHEIM 2003: OLYMPIA-QUALIFIKATION
Harte Bandagen herrschen im Turn-Lager betreffs der begehrten Olympiaplätze, nicht sehr zum Vorteil der kleinen und nicht so mannschaftsstarken Nationen:
- Die besten 12 Länder (je 12x6 Männer bzw. Frauen) qualifizieren sich direkt für Athen 2004.
- Nationen auf den Teamplätzen 13 - 18 dürfen je 2 Aktive nach Athen entsenden.
- Ab Rang 19 steht jeder Nation je 1 Quotenplatz zu (max. 10), und
- durch die FIG können noch einmal 3+1 Einzeltickets vergeben werden.
Summa sumarum starten in Athen letztlich 98 Frauen und ebensoviel Männer.
Ausschließlich über den Mehrkampf kann ein solches Olympiaticket erworben werden, ein 'hartes Brot' also für solche Spezialisten wie die Slowenen Petkovsek (Barren) und Pegan (Barren, Reck), den Österreicher Zimmermann (Pauschenpferd, Sprung), Ringespezialis van Gelder (NED) oder Pferdkünstler Alexandersson (ISL)
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Rumänien: Titelverteidiger 2001
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ZUR FAVORITENLAGE...
Bei den Frauen sind wohl die wie stets heimstarken USA-Girls zu beachten, die sich sicher einen harten Fight mit Top-Nation Rumänien und mit den Russinnen im Kampf um die Medaillen und den Titel liefern werden. Dabei scheint bei den derzeitigen Finalbedingungen der beste acht Nationen (3 Turnerinnen, ohne Streichwert alles möglich).
Um die weiteren 4 heißbegehrten Olympiatickets bewerben sich nahezu doppelt soviele weitere und gleichstarke Nationen, wie Weißrussland, Italien, Canada, Ungarn, Bulgarien... auch Deutschland.
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Chorkina, dritter Mehrkampftitel...?
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... und die deutschen Frauen? Gemessen am Leistungspotential der letzen Saison in den verschiedensten Länderkämpfen muss schon ein kleines Wunder geschehen, wollen es die deutschen Mädchen schaffen. Allerdings gelang ihnen vor zwei Jahren zur WM in Gent 2001 mit einer großartigen kämpferischen Wettkampfleistung ein sensationeller und von kaum einem Experten erwarteter achter Rang...!
Was die Ermittlung der Turn-Königin im Mehrkampf angeht, bleibt der Sportart zu wünschen, dass sich tatsächlich auch eine 'Frau' im Frauenturnen gegen die biomechanischen Bewegungsparameter der jungen Garde durchsetzt.
Mit
Swetlana Chorkina, der Titelverteidigerin hat die Sportart dabei eine große, ästhetische Chance. Die 24-jährige Diwa aus Russland gewänne bei ihrer seit 1994 achten WM-Teilnahme dann den dritten Mehrkampdtitel (- nach 1997 und 2001) wenn... ja, wenn dann nicht alles doch ganz anders kommt, und dafür gibt es eine Menge leistungspotenter Alternativen....!
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Iwan Iwankow (BLR) 2001, im Team des Titelverteidigers
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Bei den Männern ist es kaum anders.
Auch hier herrscht eine relativ klare Favoritenlage an der Spitze. Kaum jemand zweifelt an, dass Chinas Männer um Gold kämpfen werden, dies sicher vor allem gegen Rumänien und die USA...
Wie stark ist der Titelverteidiger Weißrussland?
Dann rechnet man natürlich auch mit Russland, der Ukraine, Frankreich, Japan, Korea...
Und auch hier geht es um die Olympiatickets absolut eng zu. Die Tagesform, sprich der Stabilitätsgrad der Übungsinhalte, wird entscheiden, wer unter die besten 12 kommt: Japan, Korea, Italien, Lettland, Spanien, die Schweiz, Canada, Cuba, auch Olympiagastgeber Griechenland... und Deutschland können es allesamt schaffen, aber das waren schon 18 Nennungen für nur 12 Plätze!
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Yang, Wei (CHN), Silber in Sydney
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Eine Mehrkampfprognose bei den Männern abzugeben, gleicht einem Lotteriespiel, zumal sich neben den Etablierten, wie Jordan Jowtschew (BUL), den Rumänen Marian Dragulescu und Ioan Sibiu die ehrgeizigen Hausherren bewerben, wie Blaine Wilson oder der Pechvogel von Gent 2001 Paul Hamm.
In welcher Form ist der traurige Vize-Weltmeister von Gent Iwan Iwankow, der dort vom 15-jährigen Feng, Jing abgefangen wurde...?
Nicht zu vergessen die Chinesen (ohne den Titelverteidiger), als allererste Titel- und Medaillenanwärter, an der Spitze mit Li, Xiaopeng und Yang, Wei, dem Zweiten von Sydney oder dem jungen Liang, Fuliang.
Schwer einzuschätzen sind momentan die zweifellos routinierten Russen mit Olympiasiger Alexei Nemow, mit Ex-Weltmeister Nikolai Krjukow oder Alexei Bondarenko. Der Vize-Weltmeister von 2001, Iwan Iwankow, wird leider verletzungsbedingt keinen vollen Mehrkampf absolvieren.
Den deutschen Turnern sollte man eigentlich schon eine erfolgreiche Olympia-Qualifikation zutrauen, wenn auch hier die Stabilitätsfrage der zahlreichen Bewerber ausschlaggebend sein wird. Zuletzt warteten sie beim Abschlusstest mit Steigerung auf.
'An acht, neun Mannschaften werden wir nicht vorbeikommen. Aus meiner Sicht gibt es sechs weitere Riegen, die um die Plätze zehn bis zwölf kämpfen. Dazu gehört auch die deutsche Mannschaft.' So äußerte sich der im Vorjahr zurückgetretene Bundestrainer
Rainer Hanschke in einem Zeitungsinterview (>>
Lausitzer Rundschau vom 13.Aug-2003)
Eckhard Herholz / GYMmedia