Mit den Wettbewerben der Rhythmischen Gymnastik - ohne deutsche Beteiligung - wurden am letzten Tag damit nicht nur die olympischen Turn-Wettbewerbe beendet, sondern an diesem 8. August gingen auch die Sommerspiele der 32. OLYMPIADE TOKIO 2020 zu Ende, die auch als die "verschobenen Coronaspiele" in die Geschichte eingehen werden.
Was die deutschen Turn- und Gymnastikdisziplinen im Besonderen betrifft, ist vor notwendiger Weise tiefgründigeren Analysen leider schon Einiges vorher klar ...:
♦ Erstmals blieben deutsche Athletinnen und Athleten bei zwei der drei olympischen Turndisziplinen (Rhythmischen Gymnastik & Trampoliturnen) dem größten Sportfest der Welt fern, hatten sich wegen unzureichenden Leistungen nach internationalen Qualifikationskriterien nicht für die aktuelle "Olympic Family" qualifizieren können!
Und trotz der zweifelsfrei lobens- und anerkennenswerten Mühen und eines überzeugenden Auftretens der aktuellen nationalen LeistungsträgerInnen- insbesondere was die Team-Qualifikation der Männer oder die Auftritte von Elisabeth Seitz und Kim Bui am Ende ihrer bewundernswerten, ja fast einmaligen Karrieren betreffen bzw.. natürlich auch die absolut stolze olympische Silbermedaille von Lukas Dauser (!!) - wurde ein offensichtliches Strukturproblem des deutschen turnerischen Leistungsdenkens deutlich:
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♦ Zu wenige junge Athleten finden in ebenso zu wenigen Leistungszentren Bedingungen eines an internationalen Maßstäben ausgerichteten leistungsorientierten Denkens und Handelns vor. Es wird immer deutlicher, dass der Deutsche Turner-Bund (DTB) zwar über eine weltweit einzigartige und von anderen Nationen nahezu bewunderte Vereinsstruktur besitzt, die für die fast 5 Millionen Mitglieder herausragende Breitensportangebote und -bedingungen bietet, doch genügt diese wichtige und pflegenswerte Struktur längst nicht mehr der sich rasant entwickelnden Professionalisierung des Leistungssports!
(Bedauerlicherweise genügt sich z. B. sogar die "Premier-Abteilung" der Deutsche Turnliga (DTL) mit ihrem spätestens seit Peking 2008 überholten Wettkampfmodus unter Zurückdrängung (resp. Abwertung) internationaler Wertungsgepflogenheiten in erster Linie sich selbst, und vergibt damit beachtliche Chancen einer über Vereinsegoismen hinaus gehenden, und die Athleten stimulierenden Leistungsbeurteilung !)
♦ Ebenso fehlen die für Analyse, Gestaltung und Weiterentwicklung der Prozesse von Sichtung, Auswahl und Training nötigen pädagogischen, sportpsychologischen und auch medizinischen Grundvoraussetzungen in den Verbandsstrukturen, um wahrhaft humanen Leistungssport unter Einhaltung höchster ethischer Prinzipien.
→ ... doch was eigentlich das noch Wichtigere ist:
♦ Momentan mangelt es an den für die effiziente Gestaltung eines erfolgreichen Spitzensports in den drei der komplexesten, anspruchsvollsten Disziplinen des größten nationalen Turnverbandes der Welt, für Kunstturnen / Rhythmische Gymnastik / Trampolinturnen, an fachlich geeigneten, höchst-qualifizierten Führungskräften!
Mit "installierten Inkompetenzen" in der personellen Verbandsstruktur kommt man nach internationalen Maßstäben im Spitzensport nicht weiter!
Mit welch' ignoranter Borniertheit man im DTB mit "ehrenamtlicher Steuerung" in die Strukturen von Profis eingreift, richtet nahezu irreversiblen Schaden an!
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♦ Der Kräfteverschleiß auf z. T. medial inszenierten Nebenschauplätzen, unter Missachtung demokratischer und lösungsorientierter Eingriffe in die Prozesse der Trainingspraxis vor Ort, ist eklatant und geht an echten und zukunftsträchtigen Lösungen vorbei. Der sogenannte aktuelle "Chemnitzer Problemfall" - ein durch eine medial forcierte Kampagne zelebriertes „Bauernopfers“ einer Trainerin, löst z. B. die tatsächliche problematische Betreuungslage und die pädagogisch/psychologische Ansprache-Qualität potenzieller Leistungssportkader ebenso nicht, wie auch nicht die bloße Verlängerung der Beinkleider von Turnerinnen die Probleme des Sexismus im Sport, weswegen man deshalb noch längst nicht von „Kulturwandel“ sprechen sollte!
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♦ Das sogenannte "Spitzensportkonzept" des DOSB hat, wie erwartet, eher zu Rück- als zu Weiterentwicklungen geführt! Die DOSB-Struktur, seine Personalpolitik sowie die gesellschaftliche Aufwertung des deutschen Sports, lassen weiterhin zu wünschen übrig und halten längst nicht mehr mit internationalen Entwicklungen Schritt!
(Dies moniert auch der zweimalige Schwimmolympiasieger Michael Groß, wenn er Strukturveränderungen auch beim DOSB einfordert, und unter "schlankeren Strukturen" wieder ein eigenständiges Nationales Olympisches Komitee (NOK) als eigenständige professionelle Organisation für den Leistungssport versteht.
* ... siehe ► "...DOSB ein Auslaufmodell ... " )
* ... lesen Sie auch die Olympiabilanz der LEON-Ausgabe 04/05:
► Olympia und die Aussichten von Andreas Götze.
♦ Generell sind Einbettung und gesellschaftliche Wertschätzung des Sports in die Strukturen dieser Gesellschaft in Deutschland unzureichend! Defizite betreffen nicht nur den Spitzensport, sondern reichen hinein bis in den Erziehungsbereich, den Schulsport und den Vorschulbereich. Das machen andere, auch westeuropäische Länder, wesentlich besser!
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→ Ein Blick auf die aktuelle Gesamtbilanz des deutschen Spitzensports
macht deutlich, dass solche kritischen Einschätzungen kein alleiniges Problem der deutschen Gymnastics-Disziplinen sind...:
►► MEDAILLENSPIEGEL KUNSTTURNEN
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Nun ist die 32. Auflage Olympischer Sommerspiele bereits Geschichte!
Bei all den komplexen und hochdramatischen Problemlagen der in unterschiedlichsten Gesellschaften eher weniger als mehr existierenden und z. T. die ganze Menschheit bedrohenden Zustände und Entwicklungen in dieser, unserer „einzigen“ Welt, möchte man manchmal deutschen Medienvertretern zurufen:
„Hey, Leute – wie die Japaner gerade in diesen verrückten Zeiten und gerade
d i e s e Olympischen Spiele trotz alledem durchgezogen, ausgehalten ...
– ja, durchgestanden - haben, verdient größtes Lob!
Zuviel sollte man deshalb auch nicht herunterreden!“
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Und den Ring der im Olympiastadion zur Abschlussfeier in Tokio versammelten Nationen und Flaggen sollte man durchaus symbolisch nehmen:
Die Olympische Idee lebt! – doch wo sie gefährdet wird, sollte man sie noch besser schützen – leider manchmal auch vor dem I O C selbst !!
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* Erinnern Sie sich mit uns an ...:
►► KUNSTTURNEN, Männer
►► KUNSTTURNEN, Frauen
►► RHYTMISCHE GYMNASTIK
►►TRAMPOLINTURNEN
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(C) gymmedia / Eckhard Herholz
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** Zum Thema OLYMPIABILANZ
lesen Sie dazu auch:
Die nackten Zahlen sprechen eine klare Sprache: Mit in Summe 37 Medaillen verzeichnete Deutschland in Tokio das schwächste Abschneiden bei Olympischen Spielen seit der deutschen Wiedervereinigung. Die Platzierungen unter den „Top 8“ bleiben bei dieser Betrachtung allerdings unberücksichtigt.
Der Berufsverband der Trainer/Innen (BVTDS) ergänzt in seinem heutigen Pressemitteilung die erste DOSB-Bilanz aus der Sicht der Trainerinnen und Trainer:
► BVTDS-Pressemitteilung (25. 08. 2021)