Eine Woche nach dem Erstliga-Finale der Deutschen Turn-Liga fand am Samstag das Aufstiegsfinale in Oberhausen statt. In einer äußerst dramatischen und spannenden Auseinandersetzung zwischen der "Eintracht Frankfurt" und dem "TV Schiltach VEGA TurnTeam" stand es am Ende 38 : 38 unentschieden. Doch obwohl die Schwarzwälder nach international üblicher FIG-Wertung mit 298,550 : 297,500 klar die sportlich bessere Mannschaft waren, zudem nach der sportlich-inhaltlichen FIG-Bewertung auch 4 der 6 Geräte für sich entscheiden konnten, sah nach einer nicht nachvollziehbaren Wertungskorrektur eine DTL-interne, sogenannte "Sudden Death"-Regelung noch einmal 4 Einzelduelle an je einem Gerät vor, welche letztlich zuungunsten des TV Schiltach ausging und somit wenige individuelle Leistungen die Summe der Gesamtleistungen des Teamwettkampfes umkehrten ...
Schon lange opfert die Deutsche Turnliga (DTL) das fachlich-hochwertige und bei Olympia, WM, EM sowie allen offiziellen Kunstturnwettbewerben weltweit gültige und angewandte Punktbewertungssystem nach "Code de Pointage" (= internationale Wertungsbestimmung) einem "ominösen Spassfaktor" - sicher sehr zum "Gaudi" in der aktuellen Liga-Wettkampfsituation, aber ansonsten ohne jeden Wert für eine objektiv-nahe Klassifikation sportlicher Inhalte und ohne Wert für irgendeine fachliche Vergleichbarkeit!.
Die als Score-Point-System aufgesetzte kuriose Sonderbewertung der DTL setzt dabei nur die Wertungsdifferenz zweier Athleten, ohne Berücksichtigung des Niveaus von Schwierigkeit oder Ausführung in ein willkürliches 5'er-Punktesystem um:
→ Unterscheiden sich z. B. zwei Top-Athleten mit Weltklasseformat im Bereich von über 15 oder 14 Punkten nur unwesentlich voneinander, kann es sein, dass so ein Weltklasse-Duell nur 1 Punkt für das Team einbringt (- oder auch 0:0 ausgehen kann.)
→ Unterscheiden sich aber zwei Duellanten eines erheblich schwächeren Leistungsniveaus wesentlich stärker voneinander, kann ein solches Duell 2, 3, 4. sogar 5 Punkte für dessen Mannschaft erbringen.
Solcherart kuriose Situationen führten in der Vergangenheit durch die Ignoranz der durch D-Wert (Schwierigkeit) und E-Wert (Ausführung) eindeutig gekennzeichneten Leistungen schon sehr oft zu Fehlbewertungen in der Schlussbewertung.
♦ Noch ein Wort zur aktuellen Situation beim Aufstiegsduell Schiltach vs. Frankfurt
- unabhängig von oben beschriebener Wertungsproblematik:
Jubelnd feierten am Ende die Schiltacher nach der letzten Reckübung von Milad KARIMI (13,500 Punkte) und seinen 4 Scorepoints den - wenn auch knappen - Scorepointsieg von 38 : 37.! Diese Freude dauerte ca. 12 Minuten lang, ... erst kurz vor der Siegerehrung kam plötzlich überraschend die Information, dass der D-Wert eines Frankfurters am Reck im Nachhinein von 3.0 auf 3.1 angehoben wurde, damit stieg dessen Wertung von 11,4 auf 11,5 und: damit erhöhte sich die Scorepunktwertung um 1 Punkt, also von 2 auf 3 - dies bedeutete plötzlich den Gleichstand beider Teams in der Schlussbilanz und damit wurde eine "Sudden Death"-Entscheidung nachträglich nötig (- mit Verlaub, auch so eine Regelung, bei der in vier Duellen je zwei Einzelturner die zuvor erbrachte Teamleistung ad absurdum führen können ?!! Man setzt also damit dem Spaßfaktor noch eine Krone auf !!) - und die ging g e g e n die Schiltacher aus, wie bekannt!
Im DTL-eigenen Kommentar heißt es noch fälschlicher Weise: "Nach dem Ende des regulären Wettkampfs hatte es 38:38 gestanden, denn TV Schiltach VEGA TT hatte Frankfurts Vier-Punkte-Führung vor der allerletzten Übung am Reck durch Milad Karimi noch einmal ausgleichen können" *, was nicht stimmt, denn nach dem regulären Wettampf hatte der TV Schiltach mit 38:37 Scorepoints die Führung erkämpft und mit turn-regelgerechten FIG-Punkten sogar klar mit 298,550 : 297,400 gewonnen.
)* → Inzwischen hat die DTL diese Textpassage 'stillschweigend ' umgeschrieben. - die Red.)
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und dem "Schwarzwald-Städchen Schiltach" geringere Chancen einräumen wollte, als der Banker-Metropole Frankfurt ... deshalb gehören auch erstrangig die rein fachlichen und sportlichen Argumente auf den objektiven Prüfstand!
* Lesen Sie dazu auch den Artikel im "Schwarzwälder Boten":
► Für 10 Minuten 1. Bundesliga"
♦ Schlussfolgerung:
Wenn also nun in diesem aktuellen Falle die sportlich bessere Mannschaft, nämlich der TV Schiltach am Aufstieg in die 1. Bundesliga gehindert wird, muss dieses Scorepointsystem, inklusive der daruf basierenden Sudden Death-Regelung, nicht nur in Frage gestellt werden, sondern gehört dringlichst abgeschafft!
Während zur letzten WM in Stuttgart das Weltturnen mit künstlicher Intelligenz und 3D-Sensoren auf dem Weg in die Zukunft ist, verharrt die DTL-Scorepoints-Praxis stur im "Abakus"-Zeitalter alter russischer Rechenbrett-Technologie.
Hier werden Chancen eines dringend nötigen Aufbruches verspielt!
(C) gymmedia / Eckhard Herholz
* PS: In unserer GYMmedia-Saisonberichterstattung haben wir stets die Zweifelhaftigkeit des Scorepoint-Systems in Frage gestellt:
► Saisonverlauf 51. DTL-Bundesliga 2019