Nach den Gymnastinnen zum Auftakt gehörten die letzten ereignisreichen Tage dieser phantastischen Special Olympics World Games in der deutschen Hauptstadt Berlin den "speziellen" Turnerinnen und Turnern, die sich alles andere als "behindert" präsentierten!
So mancher der bemerkenswert vielen Zuschauer (!) im City Cube auf dem Berliner Messegelände kamen echt ins Grübeln beim individuellen und gedanklichen "Fern"-Vergleich mit den eigenen körperlichen Fähigkeiten: Was da an Bewegungsfreude, Gestaltungswille und Kampfgeist 'rüberkam, ließ die nur leichte Ahnung von der geistigen oder körperlichen Einschränkungen in den Hintergrund rücken, mehr noch: Die Emotionen, der Spaß und die Lebensfreude dieser Akteure, insbesondere mit ihren Trainern und Betreuern, ließen beim Betrachter ein überraschendes Gefühl der ehrlichen Anerkennung und Empathie für diese sichtbare und wertvolle Leistung des Sports im Allgemeinen und des Turnens im Besonderen entstehen. Und JA, es ist so: Einmal mehr ist es der Beweis dafür, dass das Turnen nicht nur die Mutter aller Sportarten zu sein scheint - sie ist es auch, mit allerhöchstem Anspruchspotenzial für jedermann...!
Selbst Wolfgang Willam, Ex-Sportdirektor des DTB und in Berlin Mitglied der "Working Group" für die Sportarten Turnen und Gymnastik war nahezu euphorisch: "Toll, ich bin begeistert! ... Hier beim Turnen war ein großes Spektrum an sportlichen Leistungen zu sehen. Es ist gut, dass diese Weltorganisation praktisch allen die Möglichkeit gibt, hier teilzunehmen. Die Klassifizierungen vor den Finals sind wunderbar, so haben auch alle Freude, sich untereinander zu messen."
... und zum Bweis schickte er uns eine Reihe von Video-Impressionen, die wir unkommentiert aneinander gereiht haben - "NO COMMENT, keine Punkte, keine Platzierungen ... einfach Emotionen pur": Special Olympic-Studien bei den Männern
- mag der Betrachter sich selbst sein Bild machen:
* Youtube
Bei der durchweg positiven Bewertung und Ausstrahlung des Gesamtereignisses auf ein emotional-bewegtes, zahlreiches Publikum und besonders auch auf die gesamte Gesellschaft ist es noch unumstößliche Tatsache: Riesige Reserven gilt es hierzulande noch zu erschließen, denn erst weniger als 10 % deutscher Sportvereine (!!) haben bereits geeignete Inklusionsangebote für geistig oder körperlich Behinderte. Im Turnen und der Gymnastik sind es wohl eher noch weniger.
Am Start in Berlin waren über 100 Teilnehmer*innen, die in verschiedenen Leistungslevels ihr Bestes gaben. Trotzdem fielen unter den wenigen deutschen Turnerinnen zwei besonders auf: Die jüngste Turnerin Annabelle Tschech-Löffler aus Borna in Sachsen und Luisa Egersdörfer aus Bayern, die wohl beide haben Geschichte geschrieben: Erstmals nahmen deutsche Turnerinnen bei Weltspielen an den Turn-Wettbewerben teil, wie man in den folgenden Video-Sequenzen sehen kann:
* Youtube
Vorreiter in Sachen Sportanagebote für geistig und körperlich Behinderte findet man aktuell besonders in Bayern, so z. B. beim Verein "Eltern Behinderter Kinder" (EBK) Olching e.V., - gelegen zwischen Fürstenfeldbruck und Dachau - die sich schon seit Jahren insbesondere den vorzüglichen Möglichkeiten der Rhythmischen Gymnastik verschrieben haben, und deren Weg zu den Berliner "Special Olympic World Games" im folgenden Video eindrucksvoll beschrieben ist:
Erinnert sei an dieser Stelle auch an eine bemerkenswerte Aktion schon vor 14 Jahren (!), als der Ex-Nationalmannschaftsturner und heutige ZDF-Turn-Experte Ronny ZIESMER - fünf Jahre nach seinem schweren Unfall in Kienbaum, nun im Rollstuhl sitzend - erstmals ein Trainingscamp britischer Behinderter Turner und Gymnastinnen an selbiger Stelle eröffnete, dafür sogar damals auch die Sponsorenunterstützung der damaligen Daimler Benz AG - im Bundesleistungszentrum, das später (2017) in Olympisches und Paralympisches Trainingszentrum für Deutschland umbenannt wurde.
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British Disability Gymmnastics in Kienbaum (2009) - Schirmherr: Ronny Ziesmer!
(c) gymmedia
Nachfolgend gab es dazu auch konzeptionelle Vorschläge Richtung DTB, wo man zwar offene Ohren fand, aber es letztlich an der praktischen Umsetzung und den mangelnden strukturellen Veränderungen fehlte, so dass bis heute eigentlich noch immer eine unbefriedigende Situation besteht und die riesigen Potenzen für behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene noch weitgehendst "unterbelichtet" blieben.
Die Hoffnung nach den beeindruckenden Berliner "Special Olympics 2023" sind nun aber groß und verpflichtend! Dafür haben die zwar wenigen aber begeisterten deutschen Akteure und Vorreiter eindrucksvoll gesorgt!
(c) gymmedia / Eckhard Herholz
- nach Informationen von W. Willam