Ex-Weltmeister Täve Schur mit Kniefall vor Johanna Quaas! |
Frenetisch jubelnde, übervolle Ränge in einem aus allen Nähten platzenden Stadion der Jahnstadt Freyburg an der Unstrut:
Hatte doch der Präsident des Deutschen Turner-Bundes, Rainer Brechtken, die geniale Idee, seine kompletten Olympiariegen direkt aus Rio in die Jahnstadt anreisen zu lassen. Nicht nur, um ihnen und ihren Trainern hier die Olympiaprämien zu übergeben, sondern um den neuen olympischen Thronfolger am König der Geräte, Fabian Hambüchen und die bronzene Stufenbarren-Queen Sophie Scheder aus Chemnitz zu würdigen und zu feiern.
Die doppelte Anzahl deutscher Turnvereine war gekommen: Da sah man Tränen in den Augen der Altersturner: " ... dass ich mit meinen gut 80 Jahren noch erleben kann, dass unsere Spitzen-Jung's und -Mädchen hierher kommen, wo unser Sport lebt, --- das hätte ich nie gedacht", so ein alter Gerätturner aus dem Erzgebirge, "... und unser "Täve" Schur war auch noch da!"
Erstmals auch waren aktive Gerätturnerinnen und Gäste aus mehreren europäischen Nationen angereist. Ein besonderes Juwel in der nachmittelalterlichen Kulturlandschaft Saale-Unstrut, die sich derzeit um Anerkennung als UNESCO-Weltkultur-Erbe bemüht, besann sich seiner spezifischen historischen Facette, der Pflege des turnerischen Jahnerbes in der Stadt des Turnvaters Jahn und rückte es gekonnt in den Fokus öffentlichen Interesses ...! Tausende Gäste und Touristen bevölkerten die Innenstadt ..!
Superstimmung , auch bei den Siegerehrungen, die in unnachahmlicher und launiger Form von Täve Schur vorgenommen wurden, traf er doch zumeist auf jene Herren und Damen, die zu seiner aktiven Spitzensportlerzeit als Kinder und Jugendliche seine größten Fans waren. Täve haben heute noch viele in ihrem Herzen ...!
Doch nicht nur die Verdopplung der Teilnehmerzahlen beim 94. Jahnturnfest - einem in Europa und der Welt wohl einzigartigen Freiluft-Events im Sinne des Turnvaters - nein: Langfristig durch perfekte Öffentlichkeitsarbeit angekündigt, war das Jahnstadion auch durch Einwohner Freyburgs, Sachsen-Anhalts und darüber hinaus gefüllt, die sich in letzten Jahren kaum für die "Wiesenturner" interessiert hatten.
Auch ungewöhnlich viele, weitgereiste Gäste im Sinne eines Turn-Tourismus waren gekommen und...: Presse über Presse! Nie zuvor drängten sich Fotografen und TV-Teams derart vor einem solchen Ambiente: Wo sonst hat man die Gelegenheit, die Helden des Olympiageschehens zu sehen, zu feiern...
* Auch viele Vertreter deutscher Turn- und Sportlegenden und der jüngeren deutschen Turngeschichte waren da: Ehemalige Turnerinnen und Turner deutscher Nationalmannschaften ehemals Ost, wie West waren mit ihren Familien gekommen, umarmten ihre Ex-Trainer, die sie lange nicht mehr gesehen hatten.
Riesenjubel gab es, als z. B. Radsportidol Gustav Adolf "Täve" Schur sich beim Überreichen der vielen Medaillen aller Altersklassen, vor allem beim Umarmen der weiblichen Siegerinnen sichtlich wohl fühlte. Und als der Ex-Radsportweltmeister der ältesten Turnerin der Welt, der fast 91-jährigen Johanna Quaas gratulierte, sagte einer im Hintergrund: "Gucke mal, der Täve und das Hannchen - das ist beides Weltspitze!"
* Als dann noch Sophie Scheder, Pauline Schäfer, Kim Bui oder Fabi Hambüchen, Andreas Bretschneider, Marcel Nguyen zu einem kleinen Schauturnen an die Geräte gingen, scholl der Jubel himmelhoch und soll sogar auf den Zinnen der auf dem Berge thronenden altehrwürdigen Neuenburg gehört worden sein.
Turn-Vorbilder auch auf der Freyburger Turnwiese am "Jägers"-Stand ...!
* Abends gab es weitere Highlights:
Da präsentierte Nachwuchsverbandstrainer Jens Milbradt die schon etablierten und neuen Mitglieder der künftigen Junioren-Nationalmannschaft. Die wurden mit einem "augenzwinkernden" Ritual, nämlich mit "Ritterschlag" durch die echte historische Turnklapper von der Hasenheide und Ehrenurkunde ins Nationalteam aufgenommen.
"Booohhh, ehj ......" so der Grundtenor der jungen Talente: " ... das haben wir ja gar nicht gewusst, was die alten Damen und Herren in den Altersklassen noch so alles so drauf haben, ... und wie lange man eigentlich turnen kann..."!
Der Nachmittag zuvor gehörte zu einem Drittel den Turnhistorikern und der Jahngesellschaft, die in einem Kolloquium historische Rückblenden zu Friedrich Ludwig Jahn und zur Pflege des historischen Erbes interessant aufbereitet hatten.
Wesentlich größeren Raum nahm zeitlich und inhaltlich eine Jahn-Zukunftskonferenz ein, auf der der neue Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ullrich, Vertreter der mitteldeutschen Wirtschaft eingeladen hatte und erläuterte, wie man mit "der einzigen Jahn-Stadt" der Welt, ein sport-touristisches Marketingkonzept auf die Beine stellen könnte:
Von einem "Walk of Fame" vor historischem Grund der Ehrenhalle mit ihren imposanten Bleiglasfenstern und dem "Alten im Barte" in Überlebensgröße, mit Gedenktafeln an der Stadtmauer neben der historischen Turnhalle, waren eine weitere Idee, die den Weg Jahn'scher Turnphilosophie aus Deutschland heraus dokumentiern könnte, wie sich die Sportart mit einem bedeutenden Teil seiner Turngeräte zu einer Weltsportart auch des modernen und Medienzeitalters entwickelt hat ...!
Irgend jemand sprach da noch von einer "GERMAN GYMNASTICS HALL of FAME"", die man einrichten könne - wo, wenn nicht hier, wo doch in den Mauern dieser einzigartigen Jahn- und Weinstadt so anschaulich an die Geschichte einer olympischen Kernsportart erinnert wird?
... und am Abend verblüfften die Stars des Kunstturnens und die Talente der Region, neben internationalen Spitzenkönnern, auf der Bühne des attraktiven, atriumähnlichen Lichthofes der "Rotkäppchen-Sekt-Kellerei" und brillierten in einer hochkarätigen TV-Show, wozu sich sogar die ARD zu einer Live-Übertragung auf attraktivem Sendeplatz hatte hinreißen lassen ...!
Genüsslich lehnte ich mich als Betrachter bei dieser Show zurück, genoss noch einen Schluck des herrlichen Rebensaftes aus der Saale-Unstrutregion... verschluckte mich dabei aber so heftig, .... dass ich aufwachte !
Uppps! Da lag ich im Hotelbett des Freyburger "Künstlerkellers", der schönsten historischen Weingaststätte Sachsen-Anhalts, und hatte das alles ... nur geträumt.
...
Aber, darf man nicht auch mal solche Visionen haben ....??
Genug der Spinnerei!
Was nun war tatsächlich los, am letzten Wochenende, beim 94. Jahnturnfest in der Jahnstadt Freyburg?
Klar, es war schön, wie immer, wenn man sich zufrieden gibt mit dem, wie es nun einmal ist:
* Fleißige Organisatoren hatten - auch wie immer - alles im Griff
* Der Turnplatz schien sogar besser gefüllt, als die letzten Jahre.
Aber von interessierter Öffentlichkeit war kaum etwas zu spüren. Man blieb im Wesentlichen und wie immer, unter sich. Und wo keine Öffentlichkeit, da hapert's in der Regel auch mit dem Sponsoring!
* Tatsächlich war auch Täve Schur da, als Ehrenmitglied des Präsidiums des Landessportbundes Sachsen-Anhalt präsent, aber vor allem als noch immer heißgeliebte und verehrte Sportlegende. Viele ebensolche Trainer- und Sportlerpersönlichkeiten der eigenen Turndisziplinen fanden sich auch unter den zahlreichen Gästen, die einst selbst Weltspitzenathleten oder Weltspitzenathletenmacher waren, aber leider wurden sie nur sporadisch per Lautsprecheranlage begrüßt, blieben doch weitestgehend anonym. (Verpasst da nicht eine olympische Kernsportart ihre eigene Imagepflege ...?). Immerhin sah man frühere Deutsche Meister des Spitzensportss noch immer in Aktion, jetzt, auf ihrem Wege ins 6. oder 7. Lebensjahrzehnt, weiterhin mit bemerkenswerten, aber altersgerechten Leistungen!
Wie immer wurde natürlich die aus Sachsen-Anhalt stammende älteste Turnerin der Welt, Johanna Quaas, als nun schon 'zig-fache, aber einsame Siegerin ihrer Altersklasse, kurz vor ihrem 91. Geburtstag gefeiert und gemeinsam mt DTB-Präsident Brechken, mit der höchsten Auszeichnung der Jahn-Gesellschaft, dem "Jahn-Becher", geehrt.
(Kennt noch jemand 'ne Oma, die mit 91 einen Schulterstand macht ...? (Foto. rechts>)
* Zu seiner Ehrenrettung hatte der MDR ein Kamerateam wenigsten für eine "NiF" (= Nachricht im Film) geschickt. Es wäre ansonsten peinlich für die deutsche TV- und Medienlandschaft, denn immerhin hatte sich extra wegen dieser weltweit bekannten Ausnahme- und Seniorensportlerin ein TV-Team aus Miami (USA), vom Sender UNIVISION, auf den Weg gemacht, um ein Porträt über diese bemerkenswerte Dame zu drehen: "Misses Quaas ist sehr, sehr bekannt in den USA," so die mexikanisch/amerikanische Redakteurin Mariela Weber, "und deshalb wollen wir sie unserem US-weiten UNIVISION-TV-Publikum vorstellen, welches vor allem vom großen Latino-Teil der US-Bevölkerung gesehen wird! Und was wir nicht gewusst haben: Was diese wunderhübsche deutsche Stadt Freyburg für einen historischen Hintergrund hat!"
* Einige Monate später begeisterte sie mit ihrem Können ganz Amerika,
als sie in Hollywood/USA in der CNN-Familiensendung "For ever Young" auftrat ..:
.
Ja, die Organisatoren Sachsen-Anhalts können 2016 sicher auch eine positive Bilanz ziehen:
- fast 400 Aktive aller Altersklassen bwiesen ihre aktive Wettkampffähigkeit - Tendenz: steigend!
- 164 Fitnessbewusste checkten ihr Leistungsvermögen beim sog. Hans-Fischer-Test.
- dazu kamen noch fast 200 Teilnehmer am 10-km-Jahnlauf
- 74 Wettkämpfer am Turnfest-Orientierungslauf und
- 21 Teilnehmer am Turnfest-Workshop.
DTB-Präsident Brechtken bei seiner Rede vor dem Jahn-Museum Freyburg, dem letzten Wohnjaus Friedrich Ludwig Jahns. |
Als sehr positiv wurde auch die Anwesenheit des DTB-Präsidenten Rainer Brechtken bewertet, der in seinem letzten Amtsjahr nicht nur repräsentierte, sondern am Grabe des Turnvater Jahns auch die Bedeutung seines Wirkens für eine heutige Gesellschaft der Integration ableitete: "Was war die Berliner Hasenheide damals: Bürger haben sich engagiert! Und das brauchen wir heute auch. Demokratie ist Mitwirkung jedes Einzelnen - das war auch bei Jahn tragendes Element, und: ... Turnen und Sport, das geht nur mit Regeln und deren Einhaltung natürlich, und auch das braucht die Gesellschaft heute, wenn auch der Charakter der Regeln sich von denen der Jahn'schen Zeiten wohl unterscheiden müssen."
Gut war, dass erstmals wieder - durch eine einfache Terminverlegung - auch der Anteil der jungen Turngenerationen bei dieser doch eher konservativ anmutenden Kranzniederlegung am Jahngrab erheblich gestiegen war (- welcher Jugendliche geht schon gern an ein Grab...!?)
Auch die Wiederbelebung der Camping-Kultur mitten in der Stadt, auf einen Parkplatz (- wie früher), trug zur allgemeinen Stimmungsverbesserung bei. Der für die Pflege des Images der Jahn-Stadt sensibilisierte Landrat Götz Ulrich meinte: "Uns sind schon ein paar erhebliche Verbesserungen gelungen, auch was z. B. die Zukunft des einmaligen Jahnmuseums anbetrifft, und wir werden auf dem Wege einer verstärkten Pflege des Jahnerbes weiter gehen, da kommen uns alle zukunftsweisenden Ideen gerade recht!"
♦♦ ... und so hatte das US-amerikanische TV-Team aus Miami (von UNIVISION-FUSION) die älteste Wettkampfteilnehmerin, Johanna Quaas, gesehen und in den USA folgendes Video veröffentlicht:
* Youtube
Traum, Visionen und Wirklichkeit: Think big ...!
Im Jahr 2022 will man nämlich das 100. Jahnturnfest feiern!
Warum nicht gleich und konzeptionell, vor der ganzen, sich derzeit heftig globalisierenden Welt, als ein europäisches Turnfest, vielleicht mit eine solchen Aussage:
Seht her: Da rieselt aus dem Bart des alten Turnvater Jahns nicht nur der Staub der Jahrhunderte, sondern:
Aus seinen Ideen ist - neben einer komplexen Turnphilospie - auch eine moderne Weltsportart geworden, deren Vertreter zu den besten Botschaftern im Kommunikationszeitalter gehören. Das ist natürlich nicht alles, denn TURNEN ist wesentlich mehr, aber bessere Botschafter als die leistungsorientierten Kunstturnerinnen und Kunstturner gibt's momentan und im strategischen Sinne im Medienzeitalter nicht.
Und wenn die schwarz-gelben Dortmunder Top-Fußballer oder die Bayern-Kicker mit Jubelgeschrei und Bauchklatscher auf dem Rasen in Richtung Fankurve gleiten ( - denn hauptsächlich von dort bekommen sie ihre Unterstützung und ihr Geld ..(!) ...:).
Sollten dass die Gerätekünstler nicht auch können? Denn deren Fans befinden sich erstrangig in 20.000 (!) Turnvereinen eines 5-Millionenverbandes - des größten Turnverbandes der Welt. Und wenn es d i e s e m einzigartigen Gebilde nicht gelingt, im Sinne des "Freyburger Traumes" (siehe oben) zusammen zu finden, Synergieeffekte und stärkere Außenwirkung zu erzeugen - wem dann?
Und dass es geht, hat eben Sympathieträger und "Quotenhit Fabian Hambüchen" mit seinem olympischen Reckgold bewiesen!
* GYMmedia / Eckhard Herholz
94. JAHNTURNFEST 2016
- Freyburg/ Unstrut, 19. - 21. Aug -
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* E R G E B N I S S E
> AK 30 - männl. > AK 30 - weibl.
> AK 35 - männl. > AK 35 - weibl.
> AK 40 - männl. > AK 40 - weibl.
> AK 45 - männl. > AK 45 - weibl.
> AK 50 - männl. > AK 50 - weibl.
> AK 55 - männl. > AK 55 - weibl.
> AK 60 - männl. > AK 60 - weibl.
> AK 65 - männl. > AK 65 - weibl.
► AK 70 - männl. > AK 70 - weibl.
► AK 75 - männl. > AK 75 - weibl.
► AK 80 - männl. > AK 80 - weibl.
► E-KM I - weibl. ► E-KM II - weibl.; ► E-KM III - weibl. > E-KM-IV - weibl.
► E-KM I - männl. ► E-KM II - männl. ► E-KM III - männl;
► J-KM I weibl. ► J-KM II - weibl. ► J-KM III - weibl ► J-KM IV, - weibl.
> --- ► J-KM II, männl. ► J-KM III, männl. > ---
... weitere Ergebnisse 2016:
► 34. JAHNGEDENKLAUF 2016
► Turnfest-Orientierungslauf