Robert Baur (STB): |
Wenn irgendwo im deutschen Turnen professionell gearbeitet wird, dann doch wohl in Schwaben, in Stuttgart, unterm Dach des mit über 670.000 Mitgliedern größten Sportfachverband des Landes! Wenn es irgendwo hochkarätige nationale und internationale Events zu organisieren galt, dann doch sicher zuerst im Länd'le. "Grand Prix, Winners Final, Medal Plaza, Champions Trophy, Landesgymnaestraden, Kindersportstiftung ... - Ideen, Begriffe, konsequent in die Tat umgesetzte Visionen, die stets ein Stück Veränderung, Entwicklung und Dynamik in doch eine sonst eher konservativ daherkommende Sportart brachten.
Dies alles trug in den letzten gut dreieinhalb Jahrzehnten die starke Handschrift von Robert BAUR. 37 Jahre lang als Geschäftsführer des Schwäbischen Turnerbundes ein "Macher" allererster Güte und von unduldsamer Konsequenz.
Der nimmt heute seinen "Pensionärshut"...? Der geht ...? Unmöglich ... !!
Robert BAUR (links) - im Kreise der EGF-Gründer aus Spanien und Italien
„Es wird ein Jahr der Veränderungen", hatte der Präsident des Schwäbischen Turnerbundes Rainer BRECHTKEN Anfang des Jahres mit Blick auf seinen langjährigen Geschäftsführer Robert BAUR gesagt, der nach 43 Jahren in Diensten des STB nun ausscheiden wird. Brechtken bezog aber auch sich in diese Aussage mit ein, denn auch er will nach 18 Jahren als STB-Präsident beim Turntag am 20. Oktober nicht mehr antreten.
Robert Baurs beeindruckende Bilanz
Dieser 27. April 2012 war nun der letzte Arbeitstag von Robert Baur.
Nach 43 Jahren schied er, vier Tage vor seinem 65. Geburtstag, aus den Diensten des Schwäbischen Turnerbundes aus, beinahe 38 Jahren davon war er Geschäftsführer. „Ich durfte in einer genialen Zeit arbeiten“, sagt Baur bescheiden, „in der sich Vieles beinahe von allein entwickelt hat !"
Robert Baur (re.), Sylvio Kroll (2005); - zur Weltcup-Partnerstadt Cottbus pflegte Robert Baur schon Mitte der achtziger Jahre kreative Beziehungen! |
Doch ganz von allein ging’s auch nicht.
Immer wieder hat er durch mutige Entscheidungen, Hartnäckigkeit und mit strategischem Weitblick den Schwäbischen Turnerbund zum führenden Landesturnverband in Deutschland geformt.
Die Zahl der Mitglieder in den Turnvereinen stieg von etwa 202 000 im Jahr 1974 auf 673 000 an!
Fünf Präsidenten – Jürgen Hahn, Rudolf Spieth, Alfred Entenmann, Volkmar Framenau und die letzten 18 Jahre Rainer Brechtken – haben Robert Baur wirken lassen.
Leuchtturme des Wettkampfsports
Der DTB-Pokal war ein mittelmäßiges Turn-Turnier, das mehr schlecht als recht in Turnhallen durchgeführt wurde.
Nach der Einweihung der Schleyerhalle hat Baur dieses Turnier nach Stuttgart geholt und mit immer neuen Ideen zu einer der weltweit angesehendsten Turnveranstaltung gemacht.
|
I n diesem Jahr, 2012, findet vom 30. November bis 2. Dezember nun bereits der 30. DTB-Pokal statt.
Voller Respekt sprechen die Turner vom DTB-Pokal, der mittlerweile eine von vier Stationen des Weltcups ist, vom „Wimbledon des Turnens“.
Die Krönung waren die beiden Turn-Weltmeisterschaften 1989 und 2007 in Stuttgart.
Dazu kommt noch eine EM in der Rhythmischen Sportgymnastik.
Und, quasi als eine seiner letzten Handlungen, hat sich der STB mit Stuttgart erfolgreich um die Gymnastik-WM 2015 beworben
Baur - der Hartnäckige, erfolgreiche Alltagsarbeiter
Baur beließ es jedoch nicht nur bei großen Veranstaltungen als Leuchttürme, sondern baute erfolgreich Zentren für die drei olympischen Turn-Sportarten Gerätturnen, Rhythmische Sportgymnastik und Trampolin in Stuttgart mit dem Kunst-Turn-Forum im Neckarpark Stuttgart, in Fellbach-Schmiden und Ostfildern-Ruit auf.
Der STB ist der einzige Landesturnverband in Deutschland, der über Bundesleistungszentren in allen drei olympischen Disziplinen verfügt. Etwa die Hälfte der deutschen Olympiastarter im Turnen wird in London aus den Trainingszentren des STB kommen. Baur war auch Initiator der TurnGala, die jedes Jahr zwischen Weihnachten und Dreikönig mit einem Programm aus Turnen, Akrobatik und Varieté mit internationalen und regionalen Akteuren durchs Land tourt.
Dazu kann er als Erfinder der Spielfeste in den 1970ern und der Landesgymnaestraden ein Jahrzehnt gelten, bei der sich Vereinsgruppen in Städten auf Bühnen präsentieren können.
Baur - der "Sportentwickler"
Nicht vergessen hat Baur das Kerngeschäft des STB, nämlich die Aus- und Fortbildung von Trainern und Übungsleitern. Dies geschieht neben jährlich etwa 800 Lehrgängen bei verschiedenen Kongressen und Trainersymposien.
Auch die Entstehung des Haus des Sports (SpOrt Stuttgart) hat der „Sportentwickler“ (Baur über Baur) wesentlich mit angestoßen.
Baur - vom Leichtathleten zum Turner mit Seele
Der gelernte Speditionskaufmann und leidenschaftliche Leichtathlet wurde kurz nach seinem Arbeitsbeginn bei den Turnern zuerst einmal nach Frankfurt in die Turnschule geschickt. Durch die Ausbildung zum Turn- und Sportlehrer bei Adalbert Dickhut sollte er die gesamte Bandbreite des Turnens von der Pike auf lernen.
Baur integrierte sich dabei gleich in die Turnfamilie und profitierte fortan von den guten Beziehungen in die Zentrale des Deutschen Turnerbundes.
Robert Baur (Mitte) mit Scheck 2012 für Kinderturnstiftung |
Zum Wohle des Schwäbischen Turnerbundes.
In den vergangenen Jahren hat Baur einen Großteil seiner Arbeitskraft und -zeit in das Unternehmen Kinderturnstiftung Baden-Württemberg investiert.
Diese nach der Turn-WM 2007 gegründete Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst allen Kindern in Baden-Württemberg bis zum zehnten Jahr einen qualitativ hochwertige motorische Grundlagenausbildung zukommen zu lassen.
Dieses Ansinnen fußt auch auf Erkenntnissen der Hirnforschung, dass vielfältige Bewegung die geistige Entwicklung begünstigt.
Baur - ein 'Turnvater' modernen Zuschnitts!
Wegen dieses Engagements wagt Koji Takizawa (JPN), Vize-Präsident des Internationalen Turnerbundes FIG, einen großen Vergleich:
„So wie Robert seine Ideen in der Praxis umzusetzen vermag und damit die Kinder erzieht, tut er dies, wie damals einst der „Turnvater Friedrich Ludwig Jahn“.„Wenn Sie mir in meiner Anfangszeit erzählt hätten, dass mal einer aus Stuttgart Europameister wird, hätte ich das ins Land der Fabel verwiesen“, sagt Baur.
Marcel Nguyen, der seit vielen Jahren im Kunst-Turn-Forum trainiert, hat dies im vergangenen Jahr geschafft.
„Jetzt sind wir die Nummer eins.“
Eine wahrhaft beeindruckende Bilanz nach 38 Jahren.
* Klaus-Eckhard Jost / S T B
(Zwischentitel: gymmedia / - ehe -)