22. September 2021  
Berlin, GER  
Gerätturnen

Probleme für Turnerinnen am Bundesstützpunkt Chemnitz weiter ungeklärt

Absolut nicht ohne Einfluss ist die Suspensierung der Chemnitzer Kunstturntrainerin Gabriele Frehse auf die Spitzensportszene dieser komplexen Disziplin am Olympiastützpunkt Chemnitz: Zu Beginn des neuen Schul- und Ausbildungsjahres sind sowohl die Personallücke als auch die Qualitätssicherung des Ausbildungsprozesses insbesondere für die Turnerinnen nicht leistungssportgerecht garantiert. Seit der anklagenden Spiegel-Veröffentlichung Ende November 2020 bis zum heutigen Zeitpunkt, waren weder DTB-Präsident noch dessen Generalsekretärin vor Ort in Chemnitz, noch haben sie persönlich mit der beschuldigten Trainerin überhaupt gesprochen.
Einzig das Mitglied des Sportausschusses des Bundestages, Dr. Andrè HAHN war kurz vor den Olympischen Spielen vor Ort, und hat sich mit vielen direkt Betroffenen ein Bild von der tatsächlichen Lage des Kunstturnens am Olympiastützpunkt machen können.
 

* Danach beschrieb MdB Dr. Andrè HAHN die aktuelle Situation
  und die Problemlage Chemnitz / Trainerin Gabriele Frehse wie folgt:


Probleme für Turnerinnen am BSP Chemnitz bleiben weiter ungeklärt 


"Meine Vor-Ort-Gespräche am Olympiastützpunkt Sachsen in Chemnitz am 23. Juli 2021 wie auch die Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Anfrage verstärken leider meinen bisher gewonnenen Eindruck, dass weder das Bundesinnenministerium (BMI) noch der Deutsche Turner-Bund (DTB) ernsthaft an der Aufklärung der vom SPIEGEL im November 2020 losgetretenen und bis heute nicht bewiesenen Vorwürfen gegen die Trainerin Gabriele Frehse noch an der Schaffung einer stabilen Situation für die Spitzensportlerinnen am Bundesstützpunkt (BSP) Chemnitz interessiert sind", erklärt der sächsische Abgeordnete Dr. André Hahn, sportpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.
Hahn weiter: "Umfassend befasste sich der Sportausschuss am 24. Februar 2021 mit der Situation im Turnsport. Grundlage dafür war u.a. ein vom DTB in Auftrag gegebenes Gutachten, welches bis heute weder den Mitgliedern des Sportausschusses noch den betroffenen Personen vollständig zur Verfügung gestellt wurde, an dessen Seriosität aber auf Basis der vorliegenden Papiere wie auch ergänzender Gespräche nach wie vor erhebliche Zweifel bestehen.

Das BMI scheint offenkundig zu wissen, dass die Betreuung am BSP Chemnitz mit Beginn des Schuljahres für die Turnerinnen - anders als vom DTB zugesichert - bis heute nicht sichergestellt ist oder bleibt bei der Formulierung ihrer Antwort vorsätzlich so schwammig, um die ihr bekannte reale Situation zu vertuschen. So wurde die avisierte weitere Bundestrainerstelle bislang noch immer nicht besetzt. Lediglich für 3 Tage war ein Trainer aus Norwegen zum Test in Chemnitz. Damit trainieren die Athletinnen in sehr großen Trainingsgruppen, die nicht einmal ansatzweise den Anforderungen im Leistungssport gerecht werden. Die vom BMI erwähnte temporäre Lösung war lediglich eine punktuelle und lässt kein kontinuierliches leistungssportliches Training zu, der in der Antwort der Bundesregierung erwähnte Einsatz von Honorarkräften hat schlichtweg nicht stattgefunden. Das Angebot des Trainings an anderen Stützpunkten ist für die Betroffenen höchst problematisch und gefährdet letztlich die Zukunft des BSP Chemnitz, der aus Sicht der LINKEN unbedingt erhalten bleiben muss. Erneut findet die Vorbereitung auf einen internationalen Höhepunkt (aktuell die Weltmeisterschaft) für fünf Chemnitzer Turnerinnen unter extrem schwierigen Bedingungen statt.

Es zeigt sich aus meiner Sicht, dass die Besetzung der Trainerstelle kein finanzielles, sondern ein strukturelles Problem ist. Wegen der in Deutschland nicht vorhandenen akademischen Trainerausbildung gibt es kaum frei verfügbare Fachleute auf internationalem Niveau. Gleichzeitig wurde aufgrund von unbewiesenen Vorwürfen und einer Medienkampagne eine international sehr erfolgreiche Trainerin gekündigt und mit Hallenverbot belegt, obwohl nach wie vor große Zweifel an der Berechtigung der erhobenen Vorwürfe bestehen und auch kein Gericht Frau Frehse bisher für schuldig befunden hat.

Mein Fazit: Nur das überragende Engagement der aktuell am BSP arbeitenden Trainerinnen und Trainer sowie Sportlehrerinnen und Sportlehrer, die hohe Moral und Selbstständigkeit der zum Teil sehr jungen Sportlerinnen  und Sportler ermöglichen derzeit das leistungssportliche Training in Chemnitz. Abstriche sind leider trotzdem nicht zu vermeiden. Das darf so nicht bleiben! BMI und DTB sollten sich endlich ernsthaft um den BSP in Chemnitz kümmern und eindeutige Garantien für dessen Fortbestand abgeben. Und natürlich geht es weiterhin um eine sachliche korrekte Aufklärung der Vorwürfe gegen Frau Frehse. Der Sportausschuss des Bundestages muss möglichst bald nach der anstehenden Wahl die Situation im DTB und im BSP Chemnitz erneut auf die Tagesordnung setzen."
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Dr. André Hahn, MdB
(DIE LINKE)