Gerhard Kaminski (Berlin) - der Ex-Turnstratege wird 90! |
Über ein halbes Jahrhundert hat sich der Jubilar Gerhard KAMINSKI, der heute in einer Seniorenresidenz bei Berlin, seinen 90. Geburtstag begeht, an wesentlicher Stelle des deutschen und internationalen Kunst- und Gerätturnens eingebracht: Von 1955 bis 2012 war er als aktiver Trainer tätig, doch nicht nur das: 1959 bis 1984 entwickelte er als Cheftrainer des damals neugegründeten SC Dynamo Berlin diesen in über zwei Jahrzehnten zum weltweit erfolgreichsten Turnklub der Welt, dessen Turnerinnen und Turner, wie Berlins erste Turn-Olympiasiegerin Karin Janz, Annelore Zinke oder Angelika Hellmann, wie die Olympiasieger Maxi Gnauck oder Roland Brückner, die Nikolay-Zwillinge Michael und Jürgen, Holger Zeig, Andreas Hirsch und zuletzt Olympiasieger Andreas Wecker, Peter Nikiferow und Dmitri Nonin und viele andere unauslöschliche internationale Spuren in der nationalen und internationalen Turngeschichte hinterlassen haben ...
Heiner Neumann (Potsdam; li), Nikolai Andrianow (URS) und Gerhard Kaminski (rechts)
bei den sogenannten 'Wettkämpfen der Freundschaft' - den olympischen 'Ersatzspielen 1984' im tschechischen Olomouc
Kaminski und ein ehemaliger Schützling, der Deutsche Meister (DDR) am Pauschenpferd (1985/'86), Sten Köplin-Fritzsche, bei einem Traditionstreffen. |
Geboren 1933 im ostpreußischen Ostlake bei Olsztyn, zwölfjährig Flucht mit den Eltern nach Döbeln in Sachsen, 1951 bis 1955 Sportstudent an der DHfK in Leipzig. Bei den DDR-Meisterschaften 1953 belegte er im Zwölfkampf einen zehnten Platz. Seit dem 1. September 1955 arbeitete Gerhard Kaminski als Trainer im neugebildeten SC Dynamo Berlin. Die eigentliche Gründung fand ein Jahr früher statt, und die erste Trainerin wurde Margarethe Stephan, erste bekannte Turnerin war Ruth Berger, die Kaminski später in erster Ehe heiratete. Tochter Kathrin war eine hoffnungsvolle Turnerin, die den Sprung in die Weltspitze jedoch nicht schaffte.
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Als international anerkannter Kampfrichter (- siehe Foto, oben) saß Gerhard Kaminski jahrzehntelang an den Turnpodien bei Olympischen Spielen (seit 1980), Welt- und Europameisterschaften und vielen, ungezählten Events des talentierten Nachwuchses, und nicht nur das: Seit er bereits 1969 die internationale Kampfrichterprüfung ("Brevet") abgelegt hatte und seit Anfang der siebziger Jahre bis zu den Weltmeisterschaften 1994 (Dortmund) im Einsatz war, hat er seine Spezialkenntnisse in zahlreichen internationalen Kampfrichterkursen im FIG-Auftrage als Lektor weitergegeben.
Gemeinsam mit solchen Strategen wie Rolf Bauch, Heiner Neumann (beide Potsdam), Eberhard Pollrich (Leipzig), der verstorbene Ex-Nationaltrainer Klaus Milbradt (- der übrigens auch heute Geburtstag hätte ...!), oder auch auf der damaligen 'bundesdeutschen Gegenseite' mit Walther Freivogel und anderen - allesamt unter langjähriger Führung des deutschen FIG-TK-Chefs Karl-Heinz Zschocke - war Gerhard Kaminski wesentlich an der stetigen Weiterentwicklung der Wertungsbestimmungen beteiligt.
Und auch nach dieser internationalen Zeit agierte er umsichtig als Berliner Kampfrichter-Obmann bei Aus- und Weiterbildungen und bei vielen Kampfrichtereinsätzen im Hauptstadtbereich, wie sich Ludwig Forster vom TuS Lichterfelde an "seinen angenehmen Kollegen aus dem Berliner Osten" gern erinnert!
Gerhard Kaminski, Manfred von Richthofen (1999) |
Bis zur politischen Wende und auch danach bestimmte er als Trainer und in den neunziger Jahren dann als Abteilungsleiter Turnen beim Dynamo-Nachfolgeverein "SC Berlin" die Umstrukturierung mit. Unter anderem auch dafür wurde er von Manfred von Richthofen 1999 als "Ehrenamtlicher des Jahres" ausgezeichnet.
(<< Archivfoto: Berliner Turnzeitung)
Auch für diese, seine unermüdliche langjährige Expertenarbeit, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und 2001 aus den Händen des damaligen Berliner Bürgermeisters Wowereit das Bundesverdienstkreuz ...
Doch erst 2012, an seinem 79. Geburtstag, verabschiedete sich Gerhard Kaminski von seiner "Arbeit am Mann", auch von seiner Jungenriege beim Berliner TuS Lichterfelde, wo er jahrelang nach seiner ambitionierten Spitzensportzeit noch mehrmals die Woche das Training geleitet hatte, wie man sich auch dort noch lebhaft und gern erinnert.
Gerhard KAMINSKI (2. von links) als Delegationsleiter 1974 in Nordkorea bei den
"Jugendwettkämpfen der Freundschaft", als sich der DDR-Nachwuchs anschickte,
die Turnwelt zu erobern (- mit dabei stehend, Mitte: Andreas Hirsch und auch die berühmten
Nikolai-Zwillinge Michael und Jürgen) (C) gymmediaarchiv
In Erinnerung an den einstigen Trainerexperten Kaminski zollen ihm heute noch seine einstigen Schützlinge und späteren Trainerkollegen wie Deutschlands Ex-Cheftrainer Andreas Hirsch oder der Trainer von Olympiasieger Andreas Wecker, Lutz Landgraf, ihren Respekt und ihre Hochachtung für einen Mann, der trotz des Leistungsstrebens nie seine Menschlichkeit und Kollegialität verloren hatte...!
Seine insgesamt fünf Kinder aus erster Ehe (3) und in zweiter Ehe (2) haben er und seine Frau Christa (die vor 2 Jahren leider verstarb, gemeinsam großgezogen.
Die Letztgeborene, Kathrin, war z. B. auch eine herausragende Berliner Turnerin Anfang der achtziger Jahre, war Spartakiadesiegerin, startete bei den Jugendwettkämpfen der Freundschaft und gehörte als zweitbeste Turnerin - hinter Steffi Kräker - zum DDR-WM-Kader 1981, doch als es am Morgen per Flug nach Moskau gehen sollte, musste sie sich nach Fußverletzung in letzter Minute vom Team abmelden ...!
Kaum ein Turn-Wettkampf, den "Kammi" auch in seinem "Unruhestand" später verpasste. Sein Verein bleibt der SC Berlin, bei dem er auch heute noch der "Ehrenvorsitzender" ist. Wenn möglich, verpasste er bis vor Kurzem keine der "International Junior Team-Cup-Veranstaltungen", so wie hier in der Weißenseer Sporthalle ...
... 2009, mit seinem Nachfolger im Cheftraineramt Siegfried Wüstemann (li.)
und dem damaligen Berliner Turnpräsidenten Peter Hanisch (re.)
(C) gymmedia
Jetzt lebt Gerhard Kaminski in einer Seniorenresidenz in der Nähe Berlins und bekommt bei einem festlichen Geburtstagsessen der Familie zum Jubiläum sicher auch Besuch engster und langjähriger Freunde aus seinem langen und erfolgreichen Berufsleben, deren Glückwünsche sich sicher Generationen von Turnbegeisterten anschließen werden.
(C) gymmedia / Eckhard Herholz