Gienger, Trainer Friedrich (c) archiv dtv |
Das war am 28. Oktober des Jahres 1974 der absolute Knaller: Im bulgarischen Schwarzmeerort Warna wurde der bundesrepublikanische Turner Eberhard "Ebse" GIENGER zum Reck-Weltmeister gekürt, und nicht nur das: Waren doch insgesamt drei der sechs Finalisten deutsche Athleten und am führenden damaligen DDR-Turner Wolfgang Thüne zog der 23-jährige Künzelsauer überraschend mit 0,05 Punkten vorbei und wurde Weltmeister - 40 Jahre nach dem WM-Gold des Ernst Winter (1934) der zweite deutsche Reck-WM-Titel überhaupt.
Die ganze Bundesrepublick jubelte und Ebse Gienger schoss in der Sympathie-Wertung gar an die Spitze, wurde zum "Sportler des Jahres" gekürt (!) und das sogar vor einem Franz Beckenbauer, was in bundesdeutschen Fußballgefilden nahezu sensationell anmutete!
Und dabei hatte der zuvor schon 3-malige nationale Reckmeister Gienger ausgerechnet den Titel im WM-Vorfeld zu Hause an Günther Spies abgeben müssen, trat zudem in Warna ohne seinen Heimtrainer Václav Kubicka an und hatte sich als Ziel wenigstens das Erreichen des Reckfinals vorgenommen ...!
Als historisch sei noch vermerkt, dass es auch 1934 in Budapest zur WM einen deutschen Doppelsieg gab: Ernst Winter vor Herbert Sandrock - der deutsche "Doppelsieg" 40 Jahre danach in Warna aber in den damals getrennten deutschen Lagern gefeiert wurde: Der Vize-WM-Titel des Potsdamers Wolfgang Thüne ging an die DDR, deren zweiter Reckfinalist Bernd Jäger mit seinem später nach ihm benannten "Jägersalto" aber in Warna auch Geschichte schrieb, eine Medaille jedoch um -0,25 Punkte knapp verpasste.
Hatte Jäger mit seinem Jäger-Salto das "Flugzeitalter" eingeläutet, so war es drei Jahre später Eberhard Gienger, der es 1977 mit seiner Erfindung des "Gienger-Saltos" fortsetzte, mit dem er nach seinem WM-Titel in den Folgejahren noch zwei Mal Vize-Weltmeister wurde und bis 1980 noch weitere 6x in Folge als Deutscher Reckchampion am "König der Geräte" dominierte.
Die beiden Reckspezialisten Eberhard Gienger und Wolfgang Thüne sollte das persönliche Schicksal acht Monate später noch in ganz anderem Zusammenhang zusammenführen, als sich der Potsdamer Thüne zur Europameisterschaft 1975 in Bern entschloss, der DDR den Rücken zu kehren ...
... aber das ist dann schon wieder eine ganz andere Geschichte!
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* Aktuelle Anmerkung (Frankfurt, am 28. Oktober 2024):
Im speziellen Gedenken an das 50-jährige Reckgold-Jubiläum von Warna unterzog eine verschworene hessische Turngemeinschaft im Frankfurter Zentrum dem Gerät einem "Materialtest" - allerdings verzichtete man auf einschlägige Flugelemente, man beachte aber die Elastizität der Stange ...:
* Die "Probanden beim speziellen Stangentest" v. li.:
Mauno Nissinen, Eberhard Gienger, Helmut Nickel, Trampoliner Manne Schwedtler, Junior Juka Nissinen und Oldy Bernd Effing.
(c) Foto, privat
* Bericht: gymmedia / Eckhard W. Herholz
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