Leon Stukelj (SLO), |
Heute vor 25 Jahren verstarb in seiner Heimatstadt Maribor die slowenische Olympialegende Leon STUKELJ, nur vier Tage vor seinem 101. Geburtstag.
Geboren am 12. November in Nove Mesto - damals Österreich-Ungarn - LEON STUKELJ feierte der junge Nationalstaat Slowenien den dreimaligen Olympiasieger (1924, 1928) und fünffachen Turn-Weltmeister (1922 - 1926) - und mit ihm die Welt in den neunziger Jahren - als den damals "ältesten lebenden Olympiasieger" und zelebrierte 1998 seinen 100. Geburtstag als ein großes Fest der sich damals gerade neu definierenden Gesellschaft.
Der Gentleman Leon Stukelj, der beruflich als Richter in seiner Heimatstadt Maribor tätig war, zu Tito's Zeiten im Gefängnis saß, wurde für das junge Slowenien so eine Art Symbolfigur. Man prägte sein Konterfei auf eine Tolar-Münze, Leon zierte die erste slowenische Briefmarke im Olympiajahr 1992 und zur Eröffnung der Olympischen Spiele 1996 sprang er quicklebendig im Defilee der Jahrhundert-Legenden auf's Podium, während Muhammad Ali in spektakulärer Manier die olympische Flamme entzündete. Als die TV-Regie vor Milliarden Zuschauern das Bild dieses dynamischen 98-Jährigen mit dem Gesicht des US-Präsidenten Bill Clinton durchblendende, über welches wirkungsvoll eine Träne der Rührung rann ... spätestens da waren der Welt dieser kleine große Mann und sein eben erst gegründetes Land Slowenien emotional ins Bewusstsein gerückt worden ...
Leon Stukelj, 1993, mit seinem journalistischen Entdecker, Gunnar Meinhardt |
Schon 1988 hatte die damalige Jugendzeitschrift der DDR, "Junge Welt" den damals 90-jährigen Senior Leon STUKELJ vorgestellt. Dem späteren DPA-Journalisten und heutigen Sportreporter der "WELT", Gunnar Meinhardt, gebührt die Ehre, in einem sehr emotionalen, ganzseitigen Artikel, diesen bemerkenswerten, dynamischen Mann, auch der ostdeutschen Leserschaft nahezubringen. Das Bild des olympischen Seniors mit den Ringen an der Zimmertür, die er damals mit Klimmzügen noch täglich benutzte, beeindruckte sehr!
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Ein Jahr nach der politischen Wende lud ihn die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG) nach Deutschland ein. Hier kam es zu herzlichen Treffen mit Vertretern des deutschen Sports, so u. a. auch mit Birgit Michailoff-Radochla, der ersten olympischen Silbermedaillengewinnerin im Kunstturnen (1964) oder auch mit dem Potsdamer Geher-Olympiasieger von 1972, Peter Frenkel (... der als langjähriger professioneller Fotograf auch einen Großteil der Fotos dieses Beitrages zur Verfügung stellte!).
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Als Teilnehmer seiner dritten Olympischen Spiele 1936 interessierte sich Leon Stukelj bei seinem Berlinbesuch sehr für die ehemaligen Olympiastätten, wie die Regattastrecke Berlin-Grünau oder das Olympische Dorf, wo er u. a. auch mit Leichtathletiklegende Jesse Owens zusammentraf.
Und schon bei seiner Anreise zückte er im Flughafen Berlin-Tegel doch tatsächlich noch ein ganz besonderes Gepäckstück, sogar mit dem Originalaufkleber der Spiele von 1936, mit den Worten:
" ... ich habe tatsächlich noch einen Koffer aus Berlin!"
Leon Stukelj, 60 Jahre nach seiner Silbermedaille auf der Waldbühne, präsentiert "seinen Koffer" aus Berlin, mit Berlins Turnpräsidenten Peter Hanisch vor dem Olympiastaddion |
Wichtig war für Leon Stukelj bei seinem ersten Berlintrip damals auch der Besuch der Waldbühne, dort, wo er 1936 in einem olympischen Jahrhundertduell an den Ringen gegen die deutschen Turner Matthias Volz (Bronze) und den Mehrkampfsieger Alfred Schwarzmann, die Silbermedaille gewann, und das mit 38 Jahren (!), bei seinen dritten Olympischen Spielen, zu denen man ihn zu Hause zuvor lange überredet hatte. Der drahtige Athlet von damals gilt übrigens auch als der Erfinder des Kopfkreuzes, der scheinbar mühelos als erster die waagerechte Linie der Schultern zwischen die Ringe zaubern konnte - ein Kraftakt, der bis heute selbst internationalen Spitzenleuten das Letzte abfordert!
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An einen Besuch im ZDF-Sportstudio in Mainz im Herbst 1993 - im Monat seines 95. Geburtstages - wird sich sicher nicht nur Moderator Norbert König erinnern, als ihm Leon locker einen Winkelstütz vorführte und in gepflegtem Deutsch mit profunden Geschichtskenntnissen aufwartete.
Im sich gerade entwickelnden Europa wurde Leon Stukelj mit seinem Auftreten und seiner Geradlinigkeit geradezu zu einer Symbolfigur grenzüberschreitender Pflege der positiven Seiten der Olympischen Idee, deren Ideale parallel und nachfolgend immer mehr durch fragwürdige Erscheinungen und Prozesse in den Fokus der Kritik gerieten ...!
Erstes Wiedersehen und erster Händedruck zweier alter Freunde nach 60 Jahren:
1996 besucht der 98-jährige LeonStukelj (re.) seinen einstigen Kontrahenten, den deutschen Turn-Olympiasieger von 1936, Alfred Schwarzmann in dessen Heimatstadt Goslar.
(C) Peter Frenkel
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Mitte der 90'er Jahre übernahm die sich eben gegründete Agentur GYMmedia die journalistische Betreuung und die internationale Medienarbeit für den bemerkenswerten Zeitzeugen: So kürte man ihn z. B. zum "Mann des Tages" auf der Cebit in Hannover, als er dort bei Auftritten zusammen mit Reck-Olympiasieger Andreas Wecker (1996) und Reck-Weltmeister Ralf Büchner (1991), im lockeren Umgang mit den neuesten Computermodellen und wachem Geist die Vertreter der entsprechenden Weltmarken wie Microsoft verblüffte ...!
Der Träger des Olympischen Ordens, Leon STUKELJ! |
Einen Tag vor dem jährlichen "ISTAF" in Berlin, war Leon Stukelj 1996 zu Gast am damaligen "Olympiastammtisch" in der zweit-ältesten Berliner Kneipe, der "Gerichtslaube" im Nikolaiviertel und saß dort inmitten von mehreren 100m-Olympiasiegern, wie Lindy John Remigino (1948), Armin Hary (1960), Bob Hayes (1964),und Allan Wells (1980) und wurde ebenso wie diese von der deutschen Presse gefeiert und gewürdigt!
Sein 100. Geburtstag 1998 war dann ein grandioser Staatsakt Sloweniens mit tausenden Besuchern in seiner Geburtsstadt Nove Mesto, weit über die Einwohnerzahl des kleinen Städchens hinaus, mit TV-Live-Übertragung und großer Ehrbezeugung durch Gäste aus aller Welt.
Leon Stukelj (1998) im Interview mit ZDF-Reporter Eckhard W. Herholz |
... doch als Günter Jauch diese außergewönhliche Persönlichkeit Leon Stukelj ein knappes Jahr später in seinen TV-Jahresrückblick einladen wollte, konnte Leon dieser Einladung nicht mehr folgen:
"Für eine Reise nach Deutschland bin ich ein wenig zu müde", sagte er höflich am Telefon, bis dahin eigentlich noch immer in gutem körperlichen und geistigen Zustand. Dann legte er sich hin, ... schlief friedlich ein ... und wachte am 8. November 1999, 4 Tage vor seinem 101. Geburtstag, nicht mehr auf!
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Ein aufrechtes, engagiertes und erfülltes Leben eines großen Athleten und eines der herausragenden Vertreter seiner geliebten Sportart Kunstturnen hatte sich still und sanft vollendet. Niemand, der ihn kannte, wird diesen großen Europäer je vergessen!
♦ Zum 120. Geburtstag (2018) eröffnete in seinem Geburtsort Nove Mesto die Ausstellung ► LEON 120 mit nachfolgender Gedenkfeier im olympischen Trainingszentrum zu Nove mesto.
♦ Das deutsche Turn-Fachmagazin "Olympisches Turnen Aktuell" (O T A) ehrte ihn schon zu Beginn des neuen Jahrtausends und benannte sich im Jahr 2000 um in "L E O N* "!
(c) Eckhard W. Herholz / -gymmedia.de -
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.♦ GYMmedia ARCHIV
+ Mehr zu Leon STUKELJ -
finden Sie auf einigen unveränderten historischen Websites der 1990'er Jahre, die heute auch schon ein wenig nostalgische "Internetgeschichte" atmen:
►Erinnerungen an Leon Stukelj (1999) und
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♦ Traurige Mitteilung am Ende des Olympiajahres 2024:
Mit dem Dezemberheft und der seit dem Jahr 2000 insgesamt 148. Ausgabe des nach Stukelj benannten deutschen Printmagazins "LEON* verabschiedete sich das einzige deutsche Fachmagazin für die Turn-/Gymnastikdisziplinen und stellt exakt 100 Jahre nach Leon STUKELJ's ersten Olympiasieg sein Erscheinen ein!
► LEON*-Ausgabe 148 - die letzte!
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* Autogrammfotos (- siehe Farbfoto, ganz oben) mit Original-Autogramm
sind noch in wenigen Exemplaren erhältlich:
>> E-Mail an office@gymmedia.de