Karl-Heinz ZSCHOCKE |
Das internationale Kunstturnen wie auch der deutsche Turnsport klagen über den Verlust einer ihrer herausragenden Persönlichkeiten:
Karl-Heinz ZSCHOCKE, der ehemalige DDR-Auswahltrainer der Turner, langjähriger Präsident des Technischen Komitees der Männer des Welt-Turnverbandes F.I.G. und zuletzt dessen Ehren-Vize-Präsident, ist nach kurzer, schwerer Krankheit am Samstagabend im Berliner Unfallkrankenhaus verstorben....
Karl-Heinz ZSCHOCKE (Mitte), so wie man ihn kannte und achtete,
hier in voller Aktion als oberster internationaler Kampfrichter bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul.
Karl-Heinz Zschocke wurde 1931 in Glauchau/Sachsen geboren.
Nach einer kaufmännischen Ausbildung begann er 1951 ein Sportstudium an der "Deutschen Hochschule für Körperkultur" (DHfK) Leipzig, dem sich bis 1955 ein Spezialstudium Turnen am Moskauer Zentralinstitut für Körperkultur anschloss.
Nach Studiumende übernahm er 1955 die Aufgaben des Cheftrainers beim damaligen "SC Stahl Riesa".
Karl-Heinz Zschocke als Chef-Trainer zur WM 1966 in der Dortmunder Westfalenhalle; Welt-Neuheit: Reckabgang des Potsdamers 'Fliege' Dietrich. |
Von 1958 bis 1971 war er verantwortlicher Verbandstrainer der DDR-Turner und legte besonders in dieser Zeit erste strukturelle und langfristige Grundlagen für die folgende Entwicklung des Kunstturnens im Osten Deutschlands, das in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts in einer der international führenden Positionen des DDR-Männerturnens gipfeln sollte.
1966 führte Karl-Heinz Zschocke die DDR-WM-Mannschaft in der Dortmunder Westfalenhalle hinter Japan und der UdSSR erstmals auf den Bronzerang, und mit Matthias Brehme (Leipzig) den nach Helmut Bantz (1954) wieder ersten Turner unter die Top-Ten eines WM-Mehrkampfes (4. Pferd- und 5. Barrenfinale).
<< Der Potsdamer Gehrhard Dietrich zeigte als erster Turner der Welt den Salto, rückwärts gestreckt mit Doppelschraube.
Der spätere Olympiasieger (1972, München), Klaus Köste erinnert sich:
"Karl-Heinz war für uns in erster Linie nicht bloß Trainer oder Kampfrichter, sondern Mensch und deshalb sehr beliebt bei den Athleten und ob seiner vorzüglichen Sprachkenntnisse und seines diplomatischen Geschicks anerkannt in der ganzen Welt. Das wollte in solchen politschen Zeiten früherer Ost-West-Konfrontationen schon etwas heißen...!"
Ullrich Spieth, Karl-Heinz Zschocke, 1998 bei der Präsentation eines neuen Sprungtisches in Bratislava |
Hochangesehene internationale Persönlichkeit
Von 1968 bis 1996 war Karl-Heinz ZSCHOCKE Mitglied des Technischen Komitees (TK) der F.I.G. und führte dieses wichtigste Gremium des Weltverbandes von 1984-1996 als dessen Präsident .
Walter FREIVOGEL (88) - selbst als internationaler Kampfrichter bei vier Olympischen Spielen (München, Montreal, Los Angeles, Seoul) für die damalige Bundesrepublik im Einsatz - sagt über Karl-Heinz Zschocke:
"Selbst in schwierigsten politischen Zeiten ließ dieser Mann weder fachliche noch menschliche Unkorrektheiten zu, was unter der damaligen oft verzwickten politischen Weltlage fast an ein Wunder grenzte...!
|
Sein hervorragendes menschliches Verhalten war keineswegs selbstverständlich - bei ihm aber fast sprichwörtlich. So wie er selbst den scheinbar größten Konflikt mit einem Augenzwinkern und einem kleinen Witz beendete - das konnte kein anderer. Der Mensch Karl-Heinz wird uns fehlen!"
Freivogel hatte jahrzehntelang auch einen einzigartigen internationalen Freundeskreis von Turn-Olympioniken und WM-Teilnehmern zusammengehalten, der sich regelmäßig traf und noch trifft.
Zwei internationale Kampfrichter-Strategen:
Walter Freivogel, Karl-Heinz Zschocke (Foto, re.: >>)
Mehrkampf-Weltmeister von 1950, Walter LEHMANN (SUI) - der übrigens heute, am 13. Januar 2008 seinen 89. Geburtstag feiert - hier mit Karl-Heinz Zschocke bei einem Treffen in 2001 Ingelheim |
In den fast drei Jahrzehnten seiner internationaler Kampfrichtertätigkeit hat Karl-Heinz Zschocke wie kaum ein anderer Turnfachmann auf der Welt, die progressive Entwicklung der Wertungsbestimmung wesentlich beeinflusst und zuletzt verantwortlich mitbestimmt!
Seit 1996 war der Ehren-Vizepräsident der FIG auch weiterhin aufmerksamer Beobachter der internationalen Turnszene, und das bei insgesamt neun Olympischen Spielen und 18 Weltmeisterschaften und auch als Berater für die Produzenten technisch hochwertiger Turngeräte.
Zschocke: '... Sauberkeit geht vor Schwierigkeit!' |
Die Zschocke'schen Maximen sind gleichwohl Leitlinien des modernen Turnens:
* - „Es gibt ein ganz altes Sprichwort: Sauberkeit geht vor Schwierigkeit! Das halte ich für einen der wichtigsten Grundsätze, die es überhaupt im Turnen gibt.“
* - „Wenn ich von der Ehrlichkeit spreche, muss ich sagen, dass die Verbände gegenüber den Kampfrichtern eine Verpflichtung haben.“
|
*- „Ein guter Kampfrichter ist der, der die Wertungsvorschriften so anwendet, wie man das erwartet und der gewissenhaft und ehrlich die Turner aller Nationen gleich beurteilt."
)* - Magazin LEON* 5/2005, S. 22-23
Seine Familie, seine Ehefrau Christine, die sechs Kinder und elf Enkelkinder sowie alle Freunde und Bekannten betrauern den Verlust einer einzigartigen großen Persönlichkeit, deren Güte und Charaktereigenschaften, weit über das Berufliche hinaus, unvergessen bleiben!
"Kalle, wir vermissen Dich!"
*Eckhard Herholz, GYMmedia
******************************************************************************
<< Der ehemalige FIG-Vize-Präsident Hans-Jürgen Zacharias (li.), 2001 zurm 70 Geburtstag Karl-Heinz-Zschockes in Zeuthen bei Berlin.
|
Die TRAUERFEIER* zu Ehren des Toten
findet am 29. Januar 2008 , 14.00 Uhr im Berliner Krematorium Baumschulenweg (Große Halle),
12 437 BERLIN, Kiefholzstrasse 221 statt.
*- Die Beisetzung findet zu einem späteren Zeitpunkt und ausschließlich im engsten Familienkreise statt!