16. März 2014  
Deutschland  
Gerätturnen

Karl Friedrich FRIESEN - Verfechter der Vereine

Heute vor 200 Jahren fiel Karl Friedrich FRIESEN in den letzten Tagen der Befreiungskriege
Die deutsche Turn- und Sportbewegung tut gut daran, sich ihrer historischen Wurzeln zu versichern – sie heißen Aufklärung, Freiheit, Gleichberechtigung, Brüderlichkeit.
Zuletzt ist der „Turnvater“ Jahn dazu verhaftet worden: 2011 mit der Erinnerung an die Eröffnung des ersten Turnplatzes 200 Jahre zuvor in der Berliner Hasenheide, 2013 das Gedenken an die Völkerschlacht in Leipzig mit Beteiligung von Turnerbataillonen (Lützows „wilde verwegene Jagd“), die Aufnahme von Jahn in die Hall of Fame im gleichen Jahr. Schon jetzt darf man sich den Dezember 2023 vormerken, dann ist das in der Deutschen Nationalversammlung verabschiedete Vereinsgesetz 175 Jahre alt – Jahn stimmte dem seinerzeit zu.

Grab in Berlin

Dennoch war Friesen kein reiner Kopfmensch. Er war körperlich vielseitig und gewandt, mutig, entdeckungsfreudig – vielleicht einer der ersten kompletten Athleten in der Neuzeit. Und ihn interessierte die organisatorische Praxis. Er schuf – selbst ein glänzender Fechter - 1808 die Fechtbodengesellschaft, leitete zeitweilig den Turnkünstlerverein und eine Schwimmanstalt, gründete mit Jahn den geheimen Deutschen Bund, war Mitorganisator des allen öffentlich zugänglichen Turnplatzes und formulierte – wieder mit Jahn – eine Ordnung für die erste gesamtdeutsche Burschenschaft.

Die Fülle aller Aktivitäten lässt bei etwas Abstand ein Grundmotiv erkennen: In welcher Form kann man im öffentlichen Raum ein gleichberechtigtes gesellschaftliches Zusammenleben organisieren? Zu der Zeit war das Zusammenleben durch ständische Hierarchien, zünftige Ordnungen, familiäre Zwänge, kirchliche Verhaltensdiktate und militärische Abhängigkeiten geprägt. Es begann die Suche nach stabilen egalitären Gesellungsformen, die sich in mäandernden Begriffen wie Anstalten, Bünden, Gesellschaften, Tafeln, Vereinen etc. ausdrückten. Es galt schlussendlich, die Ideale der französischen Revolution „Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit“ in eine alltagstaugliche Form zu bringen. Friesen war hierfür ein ideenreicher, geschickt und überzeugend verhandelnder Gesprächspartner.

War er damit ein Initiator des sportlichen Vereinswesens?
Bedingt. Vereine als rechtlich verbindliche Organisationsform gab es schon zu Zeiten vor Jahn und Friesen, sie waren im Allgemeinen preußischen Landrecht von 1894 verankert. Doch hatten sie zu der Zeit vor allem eine Observationsfunktion, mussten angemeldet werden und wurden wegen etwaiger politischer Aktivitäten verfolgt. Friesen und seine Freunde werden das gewusst haben, vermieden den Begriff Verein und verwendeten unverfängliche Bezeichnungen. Den Gedanken der Freiheit und Gleichberechtigung, der gegenseitigen Anerkennung und Unterstützung gaben sie deshalb nicht auf.

Als dann in der ersten demokratischen Nationalversammlung in Deutschland endlich ein freies Vereinsrecht beschlossen wurde, war Friesen bereits 35 Jahre tot. Dennoch hat er es mit vorbereitet. Das ist aller Ehren wert.
* Quelle: DOSB, Presse
Autor: Hans-Jürgen Schulke, Festvortrag Landesturnverband Schleswig-Holstein