Hilde DIETZE |
Eben erst, vor 10 Wochen, beging Hilde DIETZE in Leipzig ihren stolzen 100. Geburtstag und über die vielen aufmerksamen Glückwünsche zu ihrem runden Jubiläum hatte sie sich noch noch sehr gefreut, war sie doch bis dato damit die älteste und letzte noch lebende deutsche Auswahlturnerin aus den Vor- und Nachkriegsmannschaften Deutschlands, bzw. der DDR. Nun ereilte uns die traurige Nachricht, dass die lebensfohe alte Dame am Samstag, den 25. März, friedlich eingeschlafen ist ...!
Bereits in ihrer frühen Kindheit galt Klein-Hilde, geb. Böttcher, als ein sportliches "Allround-Talent", hatte einst mit dem Zehnkampf begonnen und pflegte auch u. a. das Wasserspringen im Leipziger Westbad. Danach aber hatte sie sich dann sehr erfolgreich und konsequent für das Gerätturnen entschieden, was auch von Kindesbeinen an ihre große Leidenschaft geblieben war, ihr auch über die schlimmen Jahre des Krieges hinweg half, und sie auch in den schwierigen Jahren des Wiederaufbaues motivierte.
Schon mit ca. 15 Jahren gehörte sie zur so genannten "Reichskernmannschaft" und stand bereits im April 1940 in ihrer Heimatstadt in einer deutschen Frauenriege beim legendären Städtevergleich Berlin - Hamburg - Leipzig, den die Männer bereits zum 38. Male zelebrierten, den die gastgebenden Sachsen vor Hamburg und Berlin gewannen, und bei dem aber auch die Leipziger Damenriege mit Hilde erfolgreich war. Allerdings war und blieb es beim einmaligen weiblichen Intermezzo bei dieser Wettkampfdomäne der Männer. Fünf Monate später errang die damals noch 17-Jährige bei den sog. Kriegsmeisterschaften in Chemnitz im 7-Kampf der Klasse A ein 3. Podestplatz für ihren Verein Leipzig-Schleußig.
Inzwischen war die talentierte Jugendturnerin festes Mitglied der Leipziger Stadtmannschaft, sowie der deutschlandweit als sportlich-hochrangig anerkannten Damenriege des Landes Sachsen, zu der solche Turnerinnen wie Ellen Berger - spätere TK-Voritzende des Turn-Weltverbandes, sowie Brigitte Pätzold, Elisabeth Pietsch und Charlotte "Charlie" Scholz gehörten; Letztere avancierte dann Anfang der fünfziger Jahre mit 5 Deutschen Mehrkampftiteln in Folge zur ersten und langjährigen Rekordhalterin des jungen DDR-Turnens.
Hilde DIETZE gehörte schon unmittelbar nach Kriegsende zur ersten sogenannten "Ostzonenmannschaft", die maßgeblich von den Aktivitäten von Hilde Riedeberger und ihres Gatten Erich geprägt wurden, dem späteren ersten Präsident des Deutschen Turnverbandes (DTV der DDR) und sie stand später auch in der ersten Nationalmannschaft der DDR.
In den Monaten und Jahren des schweren Neuanfangs und Wiederaufbaus des Sports nach dem II. Weltkrieg in Leipzig war Hilde Dietze eine der aktiven Wegbereiterinnen innerhalb der neu gegründeten "Sektion Turnen und Gymnastik", Vorläuferstruktur des späteren DTV, die schon ab 1946 in der SG Leipzig-Schleußig (dem späteren SC Leipzig) die Grundlagen für die "künstlerische Gymnastik" schuf und ab 1948 eine erste Achterriege aufbaute, die z. B. bei den Deutschen Meisterschaften der DDR 1955 den Vize-Meistertitel holte.
* Hilde Dietze, hintere Reihe, 2. von rechts (* Foto: privat)
Hilde Dietze selbst belegte im Oktober 1949 bei den 1. DDR-Turnmeisterschaften in Leipzig einen sechsten Rang und bei den 10. Deutschen Meisterschaften - den 2. DDR-Titelkämpfen 1950 in Greiz - hinter Charlotte Scholz, Ursula Pagel und der Berlinerin Gertrud Bürgstein einen vierten Platz.
Nach ihrer verletzungsbedingten Beendigung ihrer aktiven Laufbahn als Wettkämpferin widmete sie sich in den 70'er Jahren erfolgreich der Entwicklung des Kinderturnens.
Bis in ihre letzten Tage ihrer 100 Lebensjahre war sie geistig mobil und durch lebhafte Erinnerungen mit dem Sport sehr verbunden und lebte jedes Mal auf, wenn man sich mit ihr gemeinsam diesem schönen Thema widmete.
Was nun bleibt ist das Gedenken an eine der Persönlichkeiten des deutschen Sports, die damals, trotz vieler Entbehrungen, aber mit Leidenschaft, die Neuanfänge des Lebens nach bösen Kriegsjahren gestalteten!
* Bericht: Lothar Pietsch
Red.: E. Herholz (c) gymmedia
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