23. Juli 2018  
Leipzig, GER  
Gerätturnen

Helmut Gerschau - ein Großer der deutschen Trainerzunft ist verstorben!

Einer der profiliertesten großen Trainerlegenden Deutschlands, aus der berühmten Leipziger Turnschule, Helmut GERSCHAU, ist am Samstag nach kurzem, schweren Leiden im Alter von 84 Jahren überraschend verstorben. Seit Beginn der fünfziger Jahre bis zur politischen Wende hat er zahlreiche Turnerinnen der Messemetropole zu international herausragenden Leistungen und als verantwortlicher Trainer viele DDR-Mannschaften in internationalen Vergleichen geführt. Schon mit seiner ersten Leistungsgeneration setzte er Akzente und hatte großen Anteil daran, dass bereits zu Beginn der 60'er Jahre des vergangenen Jahrhunderts DDR-Turnerinnen eindrucksvolle Siege - wie 1961 EM-Gold am Sprunggerät durch Ute Kahlenberg-Starke - feiern konnten. Insbesondere mit seiner außergewöhnlichen Persönlichkeit, die es trotz konsequent-harten Forderungen nie an nahezu väterlicher Zuwendung zu seinen Schützlingen fehlen ließ, hat er tiefe Spuren in den Herzen all' seiner ihm anvertrauten Turnerinnen hinterlassen. Ein beeindruckender Berufsweg und ein engagiertes Leben haben sich nun vollendet, und bleiben in bester Erinnerung bei allen, die ihn als Experten, Kollegen und Freund schätzen und lieben gelernt hatten ...:
 

Vater Gerschau beim Training der Tochter Kerstin: Korbut-Flickflack Anfang der Siebziger

Auch die Folgegenerationen verdanken ihrem Trainer Gerschau viel, wenn sich auch der "Pillenknick" in den siebziger Jahren auf besondere Weise auch im modernen Kunstturnen bemerkbar machte: Denn auch die Teenies der DDR wurden selbstbewusster, ihre Führung wurde für die Trainer bei der Durchsetzung der Leistungsziele nicht einfacher. Oft musste dann eben auch "der Freund" zugelassen werden, wenn auch manchmal nur "zähneknirschend". Aber die Mädchen dieser Jahrgänge, wie Steffi Kräker oder Marion Kische, wussten sich auch durchzusetzen und so entstand insgesamt zwischen dem "Psychologen" Gerschau und ihnen ein nahezu ideales Vertrauensverhältnis, wie das seine Tochter Kerstin Kurrat-Gerschau - die Vize-Europameisterin am Boden (London 1973) noch heute beschreibt:"Ja, er war schon der Psychologe, der vor allem mit Worten, seiner Sprache und viel Witz regierte... ich sehe ihn noch heute bildlich vor mir ...vorwiegend im Sessel beim Training sitzend, den er nur selten verließ, trotzdem aber absolut alles im Griff hatte ...!"

Noch einmal kam Hoffnung auf, als Helmut Gerschau ein Job-Angebot Anfang der 90'er Jahre aus Japan erhielt. Für 5 Jahre sollte er dort gemeinsam mit seiner Ehefrau Regina die japanischen Mädchen für die Weltmeisterschaften 1995 in Sabae vorbereiten. Was folgte, waren zwei sehr erfolgreiche Jahre, auch weil er dort erstmals auch als Spitzentrainer ordentlich bezahlt wurde. Und weil er dort versuchte, die schwierigen Umstände, unter denen damals die japanischen Mädchen sich befanden, menschlich abzufedern: Oft waren die Turnerinnen weit von ihren Eltern entfernt, oft tausend Kilometer und mehr, waren in ihrer Freizeit zumeist ohne jegliche Betreuung, im Winter oft mit unpassender Kleidung, so dass Familie Gerschau auch außerhalb des Trainervertrages Großes leistete...
Als aber Helmut Gerschau sich nach zwei Jahren weigerte, "härtere Methoden" bei der Leistungsentwicklung anzuwenden, wurde sein Vertrag vorzeitig gelöst. Ein chinesischer Coach übernahm dann das Amt ...!
Als Helmut Gerschau die WM 2011 in Tokio als Gast besuchte, traf er auf Eltern dieser Kinder von damals, die ihren Dank trotz langer Anreise persönlich bei ihm abstatteten!

... schmerzlicher Verlust!

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  ► Früherer Nationaltrainer Helmut Gerschau ist gestorben (LVZ)