Sylvio Kroll |
Am heutigen Mittwoch, den 29. April 2015 begeht einer der international erfolgreichsten und charismatischsten deutschen Turner, Sylvio KROLL, seinen 50. Geburtstag. Der Lausitzer Turn- und Sportfunktionär, der heute im Olympiastützpunkt seiner Heimatstadt Cottbus arbeitet, bringt durch seine exzellente sportliche Laufbahn höchste Kompetenzen auch in das Ehrenamt des Vize-Präsidenten Spitzensport beim Deutschen Turner-Bund ein. Sylvio Kroll galt als Aktiver in der Fachwelt und beim Publikum als Turnästhet: 'Krollmäßig' turnen - das bedeutete blitzsauber, auch bei einfachsten Elementen, dafür aber mit Ausstrahlung - und wurde zum geflügelten Wort, ja zu seinem Markenzeichen!
Geboren in der Spreewaldstadt Lübben ging Klein-Sylvio bereits als Vorschulkind den Förderweg des Turnens, der in der DDR insbesondere in den 70'er Jahren des vorigen Jahrhunderts forciert und qualifiziert wurde. Der Vater der Olympiasiegerin Karin Büttner-Janz, Guido Janz, war Sylvios erster Übungsleiter im Lübbener Trainingszentrum.
Turnästhet Kroll! |
Nach seinem Wechsel ins Leistungszentrum des SC Cottbus und als Schüler der Kinder- und Jugendsportschule entwickelte er sich durch herausragende Grundlagenausbildung durch seinen ersten Trainer Fred Neumann zu einem der besten Nachwuchsturner seines Jahrganges, wurde Ende der Siebziger 4-facher Spartakiadesieger bei den Schülern, und zwei Jahre später 3-facher DDR-Juniorenmeister 1981 und profilierte sich kontinuierlich zu einem technisch-brilliant agierenden Athleten.
Mit 17 Jahren gewann Sylvio Kroll 1982 bereits seinen ersten Deutschen Meistertitel (DDR; Sprung) und holte sich im selben Jahr Bronze bei den Junioren-Europameisterschaften.
Sylvio Kroll's ersten Weltmeisterschaften erlebte er 1983 in Budapest, turnte sich dort als 18-Jähriger unter die besten 15 Mehrkämpfer und stand bereits in drei WM-Finals!
Doch insbesondere sein Jahrgang war betroffen vom Olympiaboykott 1984: Statt Los Angeles organisierten die sozialistischen Staaten ihre sog. "Spiele der Freundschaft", die für die Turner im tschechischen Olomouc stattfanden:
Hier gab es für den Turn-Ästheten Kroll Silber mit der Mannschaft und Gold am Sprungpferd ... doch was bedeutet heute schon noch ein solcher Sieg in "Los Olomouc" ...?!
2. Flugphase des Krollsprunges: - in den Achtzigern das Non-Plus-Ultra! |
Ein Jahr später eilte er von Triumph zu Triumph:
Von der EM 1985 kam der Mehrkampfvierte aus Oslo mit Gold am Sprung sowie mit Silber an Pferd und Barren zurück. In Oslo kreierte er auch seine Erfindung, den "Kroll-Sprung" - einen Überschlag, Salto vorwärts, gehockt, mit 11/2-Schraube (- siehe Foto, rechts) - der im Code de Pointage als Konventionalausdruck verewigt wurde. Im selben Jahr gewann er in Montreal seinen ersten WM-Titel am Barren, wurde Vize-Weltmeister am Reck und holte als erster deutscher Turner Bronze im Mehrkampf und auch noch Bronze mit der Mannschaft.
Der Kurs war damals eindeutig Richtung Olympia, Richtung Seoul, gesteckt: Über weitere EM-Medaillen 1987 (Moskau) folgte endlich auch der WM-Titel am Sprung in Rotterdam, doch erst im Olympiajahr 1988 gewann er seinen ersten nationalen Mehrkampftitel in Leipzig.
Obwohl Sylvio Kroll während der Olympiavorbereitung auf Seoul an einem ersnsthaften Lungenödem erkrankte, stand er in der DDR-Silberriege und lieferte sich mit den Sowjets einen unvergessenen Kampf um Gold.
Den verlor er am Sprungerät gegen seinen chinesischen Kontrahenten Lou Yun, der ihm mit der winzigen Differenz von +0,013 (!) Punkten die Goldmedaille und damit den Olympiasieg wegschnappte...!
< Foto: Sylvio Kroll mit Sven Tippelt (li.) und Trainer Dieter Hofmann in Seoul 1988.
Von den ersten Weltmeisterschaften nach der deutschen Einheit - seiner persönlich 5. WM - kehrte er aus Indianapolis 1991 mit Bronze zurück, war dabei der wichtigste, weil erfahrendste Turner seiner Mannschaft, der, außer am Pferd, in allen anderen 5 Gerätefinals stand!
Vier Jahre später stand Sylvio Kroll im ersten Olympiateam des wiedervereinten Deutschlands, wurde mit dieser Mannschaft respekabler Vierter und noch einmal stand er im Sprungfinale (6.).
Nach der Wiedervereinigung traf Kroll eine Vereinbarung mit dem WKTV Stuttgart, für den er ab 1990 mit dem Zweitstartrecht neben Cottbus turnen sollte ... aber er führte seinen Heimatverein 1991 und 1992 zum Gewinn der deutschen Mannschafts-Meisterschaft.
Nachdem er sein Studium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur" (DHfK) abgeschlossen hatte und nach Ende seiner Karriere brachte er seine Spitzensport-Erfahrungen als Mitarbeiter des Cottbuser Sportamtes ein, agierte viele Jahre als Direktor des weltbekannten "Turniers der Meister".
Ab 2003 vertrat er den Deutschen Turner-Bund einige Jahre in der Europäischen Turnunion (UEG).
Nach einem kurzen beruflichen "Intermezzo" als Leiter des Olympiastützpunktes Stuttgart (2007/08) kehrte er wieder zum Stützpunkt Frankfurt/Oder, bzw. nach Cottbus zurück. Dem deutschen Sportpublikum ist seine Stimme auch bei den in letzter Zeit äußerst selten gewordenen Turn-Übertragungen als Eurosport-Co-Kommentator und -Experte vertraut.
Aktuell versucht er als DTB-Vize-Präsident Spitzensport strukturelle Weichen in Richtung Erhalt und Ausbau der internationalen Positionen des deutschen Kunstturnens zu stellen, was in der momentanen Situation wohl eine seiner schwierigsten und komplexesten Herausforderung darstellt!
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