Anja Mai (46) hat sich einen besonderen Traum erfüllt: Gemeinsam mit ihrem Mann Clemens hat sie in Wanderup eine eigene Turnhalle errichtet.
"Wenn ich nicht dran glauben würde, wäre ich doch wohl schön blöd." Anja Mai lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie von ihrer Idee überzeugt ist. Deswegen gibt sie - seit Jahren - alles dafür: ihre Zeit, ihre Energie, ihr Geld. So lebt sie ihren "großen Traum", wie sie sagt. Und zwar einen ganz besonderen. Den von einer eigenen Turnhalle. Nicht von irgendeiner, sondern von einer, in der tatsächlich nur geturnt werden kann, egal ob am Boden oder an Geräten. Mit einer Ausstattung, die jedes Turnerherz höher schlagen lässt - und die schon bald Sportler aus ganz Deutschland nach Wanderup locken soll.
Vor gut vier Jahren hat Anja Mai gemeinsam mit ihrem Mann Clemens den Grundstein für die Verwirklichung dieses Traumes gelegt. Damals kaufte das Paar ein 7300 Quadratmeter großes Grundstück im Wanderuper Gewerbegebiet am Krumackerfeld. Inzwischen steht dort ein insgesamt gut 1100 Quadratmeter großer Gebäudekomplex, dessen Herzstück die große Turnhalle ist. Und die soll im Sommer endlich von den ersten Gruppen erobert werden. Insbesondere Leistungsturner oder talentierte Kinder und Jugendliche dürften dann von dem deutschlandweit einmaligen Angebot profitieren. Denn eine privat betriebene Turnhalle, in die man sich gegen Gebühr (auch über mehrere Tage) einmieten kann, das gibt es laut Anja Mai in dieser Form kein zweites Mal in der Republik.
"Deswegen war es zunächst auch schwer, die Banken von dem Konzept zu überzeugen. Es fehlte schlicht und einfach ein Referenzobjekt. Am Ende aber haben wir einen guten Partner gefunden", sagt sie.
Wie viel Geld die Familie in das Gesamtprojekt investiert, möchte sie nicht verraten. Sie betont aber, dass sie sich bei der Planung und Umsetzung des Turnzentrums Nord, so der offizielle Name, in erster Linie auf Erspartes, Muskelkraft, Kreativität und technisches Know-how aus dem eigenen Familienkreis verlassen konnte. "Wir haben fast alles selbst gemacht. Mein Mann Clemens ist Tischler und ich bin handwerklich auch nicht gerade unbegabt. Das gilt auch für meine Eltern." Ohne diesen großen Anteil an Eigenleistung wäre das Projekt "absolut nicht zu realisieren gewesen".
Und so war neben einem geschickten Händchen immer auch ein guter Schuss Kreativität vonnöten, um Stück für Stück zum Ziel zu gelangen. "Wir haben viele Geräte gebraucht gekauft, etwa bei Ebay oder von Sportvereinen", sagt die 46-Jährige. In Glückstadt etwa hatte sich eine Kunstturngruppe aufgelöst. Dort sei man froh gewesen, die hochwertigen Geräte verkaufen zu können. Ein anderes Mal wurde eine Physiotherapiepraxis geschlossen. Massagebänke, Bälle und Spiegel finden nun in Wanderup eine neue Verwendung. "Da ich in der Turnerszene im Land gut vernetzt bin, habe ich hier und da immer wieder Tipps bekommen", erzählt Anja Mai. Einen besonders wertvollen Hinweis bekam sie zudem aus ihrer Heimatgemeinde Tarp. Als dort nach dem Abwandern der Bundeswehr das Inventar der alten Kaserne unter den Hammer kam, konnte sie gleich mehrere Schnäppchen schlagen. So haben die Mais in ihrem Turnzentrum nun unter anderem sanitäre Einrichtungen einbauen können, die von der Bundeswehr gerade erst angeschafft worden waren - und niemals benutzt wurden.
Von der Grundsteinlegung bis heute sind gut drei Jahre ins Land gezogen. Und noch immer wartet eine Menge Arbeit auf die Mais, bis ihr Turnzentrum endlich so aussieht, wie sie es sich vorstellen. Die Halle kann bereits genutzt werden und auch die Duschen und Umkleidekabinen sind fertig. Allerdings soll in dem Komplex noch viel mehr entstehen, unter anderem noch ein Gymnastik- und Ballettraum, in dem auch Gesundheitssport-Kurse angeboten werden könnten. Zwei Schlafräume mit Hochbetten für insgesamt zwölf Personen, ein Trainerraum, eine Küche, eine kleine Bar, Saunen (innen und außen): All das soll am Ende zum Gesamtpaket des Turnzentrums gehören und wird nun nach und nach fertig gestellt.
Erste Anmeldungen und eine Menge Anfragen und gute Wünsche sind bei Anja Mai bereits vor dem offiziellen Start der Halle eingegangen. Davon ist sie allerdings wenig überrascht. Denn als Turn-Trainerin (mit A-Lizenz) weiß sie um die alltäglichen Nöte, die mit ihrer Sportart verbunden sind - und genau das spreche für ihr Konzept. Denn insbesondere Trainingszeiten in kommunalen Hallen seien für Turner rar und stets mit viel Ellenbogeneinsatz verbunden. "Denn im Gegensatz etwa zum Handball oder Fußball brauchen Turner oftmals deutlich mehr als eine Stunde für den Auf- und Abbau. Soll dann noch angemessen trainiert werden, kommen schnell drei Stunden zusammen" - eine Spanne, die viele Vereine angesichts knapper Zeitkontingente oft nicht bereitstellen können, oder wollen.
"Bei uns in der Halle kann man künftig genau das Gegenteil erleben. Hier finden Turner die besten Bedingungen vor - und zwar immer", verspricht Anja Mai. Dazu gehört neben Barren, Recks, Ringen und Pferden auch ein 14 mal 14 Meter großer Schwingbelag fürs Bodenturnen und eine Akrobatikbahn, an deren Ende eine eineinhalb Meter tiefe Schnitzelgrube (für die weiche Landung) wartet. "Wir sind selbst begeistert von dem, was hier entsteht", sagt Anja Mai und betont zeitgleich, dass man sich keinesfalls als Konkurrenz zum örtlichen Sportverein sehe. Dazu sei das eigene Angebot zu speziell. Ein Blick in die Halle genügt als Beweis.