Dr. Petra Nissinen, Oksana Chusovitina |
Gleich nach der Jahrtausendwende war Dr. Petra NISSINEN die verantwortliche Teamchefin des Frauenturnens im Deutschen Turner-Bund. Schon damals hatte sie mit enormen strukturellen, qualitativen und finanziellen Defiziten innerhalb des DTB zu kämpfen und beklagte schon damals öffentlich (Mai 2004) die unzureichenden Bedingungen des deutschen Frauenturnens unter Verantwortung des deutschen Dachverbandes. Seit dieser Zeit und bis heute agiert die kompetente Sportwissenschaftlerin im OSP Hessen als Hauptverantwortliche für die Betreuung der DTB-Kaderturnerinnen und arbeitete im direkten Kontakt mit den Turnerinnen und so auch eng mit der Chemnitzer Trainerin Gabriele Frehse zusammen.
Somit erhalten ihre intimen Kenntnisse der Innenverhältnisse des Leistungsturnen ihre besondere Bedeutung, wie sie im folgenden Statement beschreibt:
Dr. Petra NISSINEN (OSP Hessen) |
♦ STATEMENT Dr. Petra NISSINEN
"Als Mitarbeiterin des OSP Hessen und seit nunmehr beinahe 30 Jahren als Hauptverantwortliche für die zentrale trainingswissenschaftliche Betreuung der DTB-Kaderturnerinnen möchte ich im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen im weiblichen Kunstturnen gerne folgendes Statement für den Runden Tisch des DTB abgeben.
In Anlehnung an die Philosophie des Deutschen Turner-Bundes lehne ich jegliche Form der psychischen, emotionalen und physischen Gewalt bzw. des Missbrauchs im Umgang mit Athleten*innen ab, habe dies aber durchaus vereinzelt im Rahmen meiner Tätigkeit der trainingswissenschaftlichen Betreuung in der einen oder anderen Form im Kunstturnen, aber auch in anderen Sportarten, erlebt.
Im Zeitraum 2000 bis 2004 war ich neben meiner wissenschaftlichen Tätigkeit am OSP Hessen als Teamchefin Gerätturnen Frauen für die Turnerinnen des Deutschen Turner-Bundes verantwortlich. Diese Zeitspanne umfasste auch eine ca. einjährige Konzentration des WM-Kaders der Turnerinnen in Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften und Olympiaqualifikation 2003 am Stützpunkt in Köln/Deutsche Sporthochschule.
In der beinahe täglichen, engen Zusammenarbeit habe ich Frau Frehse damals, wie bis zum heutigen Tag, als äußerst engagierte und verantwortungsbewusste Trainerin erlebt, mit einer sehr hohen Fachkompetenz und gleichzeitig großer Empathie allen Turnerinnen gegenüber. Frau Frehse hat sich gegenüber vielen, für die Praxis des Gerätturnens relevanten wissenschaftlichen Fragestellungen und Erkenntnissen in nahezu allen Bereichen, von der Biomechanik über die Trainingswissenschaft, Medizin, Psychologie und Pädagogik immer äußerst aufgeschlossen gezeigt und aktiv und verlässlich an der Datenerhebung im Rahmen wissenschaftlicher Projekte mitgewirkt. Sie ist stets sehr bemüht diese Erkenntnisse auch in ihre tägliche Trainingsarbeit einfließen zu lassen und somit aktiv zu leben. In diesem Sinne hat Frau Frehse, wie die Mehrzahl der Heimtrainer und die aktuellen Cheftrainerinnen, Frau Ulla Koch und Frau Claudia Schunk, in den vergangenen beiden Jahrzehnten erheblich an den vielfältigen positiven Veränderungen im Umgang mit der physischen und psychischen Belastung deutscher Turnerinnen beigetragen. Hier sind insbesondere der Umgang mit dem sensiblen Thema der Körperzusammensetzung bzw. eines optimalen Last-Kraft-Verhältnisses sowie die Verbesserung der Trainingsqualität als Gegenpol zur weiteren Erhöhung des Trainingsumfanges und damit der Gefahr der physischen und psychischen Überbelastung der Turnerinnen im Spannungsfeld zwischen schulischer und sportlicher Ausbildung zu nennen.
* Dr. Petra Nissinen im Februar 2021
- Frankfurt/Main -