Eine der zahlreichen Siegerehrungen |
So sehen Sieger aus!
Zum 89. Mal trafen sich in der einzigen Jahn-Stadt der Welt, in FREYBURG an der Unstrut - die auch eine von vielen Weinstädten ist und zum alljährlichen Winzerfest die Jünger "Bacchus' " ins Unstruttal lockt - die Jünger des als "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn weltbekannten und auch seit über 200 Jahren umstrittenen Gründers des deutschen Turnens. Der "Alte im Barte", der eigentlich vielmehr als Junger der Turnerei Profil, Inhalt und gesellschaftliche Relevanz verschaffte, ist als seit 2 Jahrhunderte permanent im Gespräch, mal mehr, mal weniger. Wer kann sowas schon von sich behaupten? Und wenn man dann noch sieht, wie sich am Wochenende hunderte Aktive zwischen 14 und 87 (!) Jahren auf dem Turnplatz Natur in Bewegung bringen und halten, d a n n erst nähert man sich wirklich dem Verständnis über diese historische Persönlichkeit der deutschen Geschichte ...
Historische Jahnturnhalle während der Jahn-Ehrung 2011
durch Teilnehmer des 89. Jahnturnfestes in Freyburg / Unstrut.
Grab Friedrich Ludwig Jahns |
Vom geschichtlichen Wert und den Mühen des Denkens und Handelns
Manche begreifen es nie, vor allem nicht die Vertreter der "flotten Schreibe", von denen es heute in der digitalen Info-Flutwelle so viele wie nie gibt.
Als also letzten Freitag vielleicht nur derer dreißig, vierzig Interessierte am Jahngrab in Freyburg/Unstrut bei der Kranzniederlegung weilten, lag der Altersdurchschnitt wohl nahe der siebziger Grenze. Die Älteste, die eine Blume auf die Grabplatte des Mannes im Barte legte, war 93.
Locker ließe sich da über ein "Aussterben der Jahnnachfolger" polemisieren.
Ja, wo war sie denn, die Jugend, in diesem Augenblick nachdenklicher Besinnung....?
Darauf angesprochen, gab der Präsident der Jahngesellschaft, Hansgeorg KLING eine verblüffend einfache, klärende Antwort: "... die Jugend? Na klar ist sie bei Jahn, auf dem Turnplatz ist sie, da oben im Stadion, an den Geräten!"
Turnplatz FREYBURG bei strahlendem Wetter: Die Jugend turnt bei Jahn! |
Der junge Jahn war der eigentliche Akteur der Geschichte |
... mehr also musste Hansgeorg KLING gar nicht sagen, was das historisch Besondere und das Wesentliche des Erbes Friedrich Ludwig Jahns betrift: Vor allem d e s w e g en muss Jahn seinen festen Platz im Geschichtsbewusstsein der Deutschen behalten!
Eben weil die Turnerei auch eine der komplexesten Sportarten ist, so ist sie auch eine "intellektuelle", die weit über Bewegung am Turngerät hinaus Köpfe bewegt, Lebenshaltung und Lebensphilosophie prägt und bereichert.
Und weil schon der j u n g e Jahn auch ein überaus politischer und unduldsamer Streiter für seine Ideen vom Turnen, von der deutschen Einheit, von der deutschen Sprache und der (damaligen) Gesellschaft war, und nicht nur mit der Reckstange, sondern auch des öfteren mit der Brechstange operierte,
Sieger bei den ältesten Turnern über 80 Jahre: |
hinterließ er natürlich auch Spuren des Widerspruchs, die man jedoch immer im Kontext seiner Zeit sehen sollte. Löst man aber dabei unzulässig Einzelnes heraus, da hat man locker und flott seinen "Franzosenhasser" oder den "Nationalisten" oder den "Antisemiten".
So, bitte schön, geht seriöse Geschichtsbetrachtung nicht!
Wer wirklich darüber mehr wissen will, echtes Verständnis auch für das Widersprüchliche historischer Prozesse, Zeitenläufe und Figuren der Geschichte erwerben will, der findet z. B. in der "Friedrich-Ludwig-Jahngesellschaft" eine Heimat des kulturvollen Pflegens und Bewahrens und Diskutierens im Umgang mit historischen Werten.
Jahresversammlung der Jahngesellschaft im würdevollen Ambiente |
Johanna Quaas aus Halle /Sa. - gäbe es Weltmeisterschaften für ihre Altersklasse - sie hätte erste Titelambitionen! |
Ja, wo sind sie denn, die Turner ...?... fragt man sich aktuell, wenn man z. B. das multifunktionale Internet bemüht. Am Wochenende und selbst bis heute, einen Tag danach, konnte man sich nach Jahn oder Freyburg oder Turnen "totgoogeln" :
- N i c h t s fand man da über ein Ereignis, an welchem 118 Turnvereine beteiligt waren, Gäste aus Österreich, der Schweiz und sogar aus Japan teilnahmen, 880 Aktive an die olympischen oder altersgerecht modifizierten Turngeräte gingen, am Jahnlauf, am Jedermannsturnen ("Hans-Fischer-Test") an der Turn-Staffel oder dem Turnfest-Workshop teilnahmen.
- n i c h t s über die z. Teil unglaublichen Leistung des mit 87 Jahren ältestens aktiven Turners Ottmar THIER aus Medebach oder die unglaubliche 'zig-fache Turnfest-Siegerin Johanna QUAAS aus Halle, die Titelambitionen als Weltmeisterin haben würde, wären solche für über 80-Jährige ausgeschrieben .....
... und das war die Freyburger Barren-Übung der jung-gebliebenen Dame vom Geburtsjahrgang 1925:
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Diverse Jammer-Artikel über die "Vergreisung der Gesellschaft", die findet man dagegen zu Hauf. Wie man aber trotz Alterns mit Leistungsfähigkeit gegensteuern kann, auch das fände man bei Jahn und seinen Jüngern, auch wenn die, wie alle, immer älter werden.
* Apropos, Jammer-Artikel....!
Obwohl Einiges seit Hambüchens Zeiten wohl anders (besser ...?) geworden ist: Von den Medien fühlen sich die Turner nach wie vor (wie übrigens andere Kernsportarten auch!) noch immer arg vernachlässigt.
Man beachte doch mal das folgende Gedanken-Experiment:
Allein nur die über 5 Millionen Mitglieder der 20.000 deutschen "TURN"-Vereinen besännen sich ihrer Vorzeige-Disziplinen und Topathleten und stünden tatsächlich vor den Turnhallen und -arenen, wo ihre Stars agieren, und wollten dort rein ...!!
K e i n Chefredakteur dieses Landes hätte auch nur die Spur einer Chance, dies bei seinen Programmplanungen wegzulassen !!
Soweit zu den ewigen Medienvorwürfen der Turnerei. Die Wirklichkeit ist leider weit vom Wunschdenken entfernt.
(Spontanes Experiment vor Ort: Von 20 willkürlich angesprochenen aktiven Turnerinnen/Turnern auf dem Jahnplatz in Freyburg war z. B. das Fachmagazin "LEON*" 18 Befragten total unbekannt, keiner hatte ein Abonnement, ebenso bezieht niemand/kennt das "Deutsche Turnen" als Organ des DTB! Soweit zu Medienpräsenz ...!)
Wo waren eigentlich die Turn-Verantworlichen des Landes?
200 Jahre Deutsches Turnen, festgemacht am 11. Juni des Jahres 1811 und der Eröffnung der Berliner Hasenheide als ersten deutschen Turnplatzes der Geschichte, da hatte man sich zuletzt ziemlich aufwändig noch versammelt ...
Doch beim attraktivsten und lebhaftesten Beispiel eines seit 1901 noch immer funktionierenden deutschen Turnplatzes mit Freizeitsportlern mit z. T. Lebenskünstlerformat, hier in Freyburg, ward weder der Präsident des Deutschen Turner-Bundes (Urlaub) noch sonst irgendein kompetenter DTB-Vertreter gesichtet... (?)
Soweit zur größten Peinlichkeit im Turnlande Deutschland 200 Jahre nach Hasenheide!
Rene Tschernitschek, Jens Fischer, deutsche Ex-Nationalmannschaftsturner |
Positiv dagegen fielen die Gesichter ehemaliger Stars des deutschen Turnens auf. Früher stritten sie in Nationaltrikots für die Farben ihres Landes und fühlen sich noch immer wohl in der Turnfamilie, wie Mario Franke, Heiko Neugebauer, René Tschernitschek, Jens Fischer oder Hubert Brylok (als Kampfrichter).
Schade nur, dass - bis auf den Deutschen Reck-Meister von 1976, Friedhard BECK, der bei den Mittefünfzigern in seiner jetzigen Altersklasse auch gewann - sonst die wenigsten auch noch tatsächlich aktiv am Gerät zu sehen waren,
... doch es gibt seit vielen Jahren einen witzigen Spruch in Freyburg:
"Wer nie in Freyburg war hat n i e wirklich geturnt!"Dafür aber haben sich viele Ex-Auswahlturner ein besonderes Comeback für das 90. Jahnturnfest im Olympiajahr 2012 vorgenommen:
Mit altersgerechtem Auftritt wieder Flagge und Leistung an den Geräten zeigen, die der olle Jahn nun mal der Welt zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt hat.
Mal sehen ob dieser o. g. provokante, wenn auch nur mit augenzwinkerndem Hintersinn gemeinte Spruch im nächsten Jahr tatsächlich Wirkung zeigt.
(C) GYMmedia, Eckhard Herholz
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* S e r v i c e
des Landes-Turnverbandes Sachsen-Anhalt:______________________________________
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