19. Oktober 2013  
Leipzig  
Gerätturnen

In 80 Jahren um die Welt - Leipzigs früherer Meistermacher Helmut Gerschau zum 80. Geburtstag

Wie in kaum einer anderen Sportart hängen im modernen Kunstturnen die Leistungs- und Charaktermerkmale von Spitzenathleten stark vom Persönlichkeitsprofil der Trainerinnen oder Trainer ab. Eine solche außergewöhnliche Persönlichkeit der einst weltberühmten Leipziger Turnschule war und ist Helmut GERSCHAU, der seit Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts bis zur politischen Wende zahlreiche Turnerinnen der Messemetropole zu international herausragenden Leistungen führte und der heute seinen 80. Geburtstag begeht.

Vater Gerschau beim Training
der Tochter Kerstin: Korbut-Flickflack
Anfang der Siebziger

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Auch die Folgegenerationen verdanken ihrem Trainer Gerschau viel, wenn sich auch der "Pillenknick" in den siebziger Jahren auf besondere Weise auch im modernen Kunstturnen bemerkbar machte: Denn auch die Teenies der DDR wurden selbstbewusster, ihre Führung wurde für die Trainer bei der Durchsetzung der Leistungsziele nicht einfacher. Oft musste dann eben auch "der Freund" zugelassen werden, wenn auch manchmal nur "zähneknirschend. Aber die Mädchen dieser Jahrgänge, wie Steffi Kräker oder Marion Kische, wussten sich auch durchzusetzen und so entstand insgesamt zwischen dem "Psychologen" Gerschau und ihnen ein nahezu ideales Vertrauensverhältnis, wie das seine Tochter Kerstin Kurrat-Gerschau - die Vize-Europameisterin am Boden (London 1973) noch heute beschreibt: "Ja, er war schon der Psychologe, der vor allem mit Worten, seiner Sprache und viel Witz regierte... ich sehe ihn noch heute vorwiegend im Sessel beim Training sitzen, den er nur selten verließ, trotzdem aber absolut alles im Griff hatte ...!"

Ein Mann großer Ideale!
Helmut Gerschau hat in erster Linie für seine Sportart gearbeite, für deren Ideale, nie fürs Geld. Reich ist er deshalb in der DDR nie geworden. Abgesichert, ja das war man in diesem Teil Deutschlands. Olympia aber, hat dieser Mann nie selbst erleben dürfen. Da fuhren andere hin. Währenddessen machte er z.B. Urlaub. Was seine Turnerinnen dann in München oder Montreal machten, dass versuchte er am Strand per Radioreportage zu erfahren, hing doch von deren Erfolgen auch in der DDR die Einstufung des Trainergehaltes und des Status ab .... Mitfahren zu den großen Wettbewerben, das passierte eher selten. Als einmal die Frankfurterin Franka Voigt einen Wettkampf in Spanien hatte, verzichte Helmut Gerschau zugunsten seines Trainerkollegen Helmut Schwarzbach, damit der einmal seinen Schützling betreuen konnte -
Auch die Mädchen seiner letzte Trainingsjahrgänge, wie Bettina Schiefferdecker, Jana Vogel, Birgitt Senff oder Tanja Köste waren allesamt von internationalem Spitzenniveau, kamen aus seinen Händen und repräsentierten mit dieser "Leipziger Turnschule" absolute Weltklasse im globalen Frauenturnen.
Im 57. Lebensjahr kam die politische Wende und für ihn ein plötzlicher, messerscharfer beruflicher Einschnitt: Vorruhestand! Man wurde nicht mehr gebraucht, einfach für "nicht weiter verwendbar" erklärt! Für einen Mann der Ideale, wie Helmut Gerschau, etwas Unfassbares!
Nur schwer war dieser Absturz zu verkraften war er doch beruflich noch längst noch nicht am Ende.

Helmut Gerschau in Japan: Auch hier ließ er sich nicht verbiegen ...!

... fast 100 Gäste aus seiner Familie und seinem bewegten und engagierten Turner- und Trainerleben kamen da am Samstag zur Geburtstagsparty im Hotel Paunsdorf zusammen. Einer der Höhepunkte war die durch Tochter Kerstin Kurrat-Gerschau choreografierte Show-Dance-Einlage, gestaltet von Tochter und Enkelinnen und ergänzt durch die ehemaligen Turnstars Erika Zuchold, Steffi Kräker und Bettina Schieferdecker, allesamt einst Gerschau-Schützlinge ...: