16. April 2023  
Antalya, TUR  
Gerätturnen

44. TURN-EUROPAMEISTERSCHAFTEN Frauen

Nach 2020 (Mersin) war der aufstrebende Türkische Turnverband zum 2. Mal Gastgeber von Turn-Europameisterschaften, die in diesem Jahr auch bei den 44. TURN-EM 2023 der Frauen einen besonderen Qualifikationscharakter hatten:
Die 13 besten europäischen Nationen qualifizierten sich für die diesjährige WM mit Olympia-Qualifikationscharakter im September in Antwerpen
Großbritannien vor Italien und den Niederlanden hieß die Reihenfolge an der Spitze. Die deutschen Frauen schafften mit Rang 9 ihr Minimalziel.
Zum 2. Male nach Elissa Downie (2017) kommt Europas Turnkönigin aus Großbritannien: Jessica GADIROVA gewann Mehrkampfgold mit 55,032 vor der Ungarin Zsofia KOVACS (54,899), die nach Henrietta Onodis Bronzemedaille (1990) nach 33 Jahren die zweite Mehrkampfmedaille für ihr Land holt. Statt der Titelverteidigerin Asia D'Amato (2022) gewann diesmal ihre Schwester Alice D'Amato für Italien die Bronzemedaille (54,500). Deutschlands einzige Finalistin Sarah Voss verbesserte sich als 20. des Vorkampfes auf Finalplatz 16 (49,932).
Am Ende der Gerätefinals war Großbritannien mit 3x Gold und 2x Silber erfolgreichste Nation vor Italien (1/3/2=5). Die deutschen Frauen belegen durch die Bronzemedaille von Elisabeth Seitz am Barren mit Belgien und Rumänien Rang 6 der Rangfolge der insgesamt 8 Medaillennationen.


♦♦ 44. TURN-EUROPAMEISTERSCHAFTEN, FRAUEN
      (Antalya / TUR, 11.-16. April 2023)


* MANNSCHAFTEN - :  Seit die damalige UEG 1994 bei den 20. Europameisterschaften der Frauen den kontinentalen Team-Wettbewerb eingeführt hatte, gab es bis 2018  im Zweijahresrhythmus, fast ausschließlich rumänische (7) oder russische (5) Siege, nur einmal unterbrochen durch ITALIEN (2006 in Volos/GRE). Im Pandemiejahr (bei nur 8 Mannschaften) siegte die UKRAINE vor Rumänien und Ungarn und 2022 in München ITALIEN vor Großbritannien und Deutschland. Da auch hier die drei bestplatzierten Länder zu letzten WM (GBR, ITA, FRA) das WM-Ticket für Antwerpen schon haben, wird es ein heftigstes Gerangel um die noch offenen 10 Qualifikationsplätze geben, denn wie zuletzt in Tokio wollen auch wieder Belgien (8.), Deutschland (9.), die Niederlande (11.) und Spanien (12.) wieder zur "Olympic Family" gehören. Das wird ein offenes Rennen ...!
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* Die MEHRKAMPFMEDAILLEN gingen zuletzt in München an Italien (1. Asia D'AMATO + 3. Marina MAGGIO) und an Großbritannien (2. Alice KINSELLA,). Aus deutscher Sicht reifen wohl derzeit keine Medaillenträume (Elisabeth Seitz stand 2011 in Berlin als Vize-Europameisterin als letzte Deutsche auf dem Podest, und auch nur sie und Kim Bui schafften es seither unter die Top Ten!). Aktuell schaffte nur die Kölnerin  Sarah VOSS ls 20. den Einzug unter die besten 24 Finalistinnen ...
* Siehe  EM-Rückblick - MEHRKAMPF
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Chronologie der Ereignisse ...:


* Freitag, 14. April: 04.
Das MEHRKAMPFFINALE

 Es war ein spannender Medaillenkampf eines ambitionierten Quartetts, zu dem neben den erwarteten Favoritinnen Alice D'Amato (ITA), Zsofia Kovacs (HUN) und Jessica Gadirova (GBR) sich auch noch die starke Belgierin Lisa Vaelen gesellte: Die ging sogar am Sprung zunächst in Führung vor dem Verfolgertrio. Nach brillianter Barrenübung (Höchstwertung: 14,400) übernahm aber Alice D'Amato die Spitze vor Vaelen und Kovacs, die beide 13,700 erhielten. Am "Scharfrichtergerät Balken kamen überhaupt nur 8 Turnerinnen über die 13'er-Marke, die höchste erhielt die Ungarin Zsofia Kovacs (13,833), immer noch dicht verfolgt von D'Amato (13,000) und Gadirova (13,533 - und auch Vaelen blieb nur leicht zurück (12,933)
Am 4. und letzten Gerä fiel dann am Boden die Entscheidung: Lisa VAELEN glänzte zwar mit athletischer und technischer Brillianz ihrer sehr hohen (!) Akrobatik, aber ihre 13,133 Punkte sollten am Ende nicht reichen, denn:
Alice D'AMATO bezauberte das Publikum mit der besten Bodenübung und der höchsten Wertung - die einzige 14,000 an diesem Gerät. Damit schien die Medaille sicher.
Zsofia KOVACS sah schon wie die neue Europameisterin aus, aber mit bangem Blick musste sie ihre 13,266 zu Kenntnis nehemn: Führung ja, Medaille auch, aber ..??
Dann kam die nervenstarke Britin Jessica GADIROVA, die vor zwei Jahren schon mal in Basel auf dem bronzenen Podest stand, und die zog mit der schwierigsten Übung (D=5.8) und der höchsten Bodenwertung (13,993) an der Ungarin und auch an Alice D'Amato vorbei und wurde nach Elissa Downie (2017) als zweite Britin zu Europas Turnkönigin 2023 gekürt !

                                            (1) Jessica GADIROVA (GBR)
         (2) Zsofia KOVACS (HUN)                                       (3) Alice D'AMATO Italy)

© Europen Gymnastics
Wenn man gleich am ersten Gerät (Balken) patzt, gleich zu Beginn der Übung mit einem Sturz startet, muss man danach ganz schön Charakter haben, um dann noch das Beste daraus zu machen. So gesehen gelang am Ende Deutschlands einziger Finalistin Sarah Voss aus einem 20. Vorkampfplatz doch noch eine kleine "kosmetische" Verbesserung auf Rang 16. Insgesamt aber muss sich das deutsche Frauenturnen insbesondere mit den in Summe unzureichenden sportlichen Inhalten beschäftigen! Hier sind nicht nur Großbritannien und Italien, sondern auch Ungarinnen, Belgierinnen, Holländerinnen, Spanierinnen und Französinnen einen gehörigen Entwicklungssprung weiter. Der nur zeitlich kurze Weg zu Olympia scheint für Team Deutschland doch noch ein sehr, sehr, weiter zu sein ...!
Freude dagegen bei Deutschlands Nachbarn Österreich über das bislang beste Top-24-Ergebnis bei einer EM: Die 21-jährige Niederösterreicherin Selina Kickinger wurde 18. und die 24-jährige Wienerin Bianca Frysak war als zweite Ersatzturnerin ins Rennen gegangen und belegte am Ende Rang 21.

♦♦  RESULTATE, MEHRKAMPF der Frauen


1. GADIROVA, Jessica      GBR) - 55,032
2. KOVACS, Zsofia           (HUN) - 54,899
3. D'AMATO, Alice              (ITA) - 54,500
      4. VAELEN, Lisa                 (BEL) - 54,099
      5. BRASSART, Maellyse      (BEL) - 52,865
      6. THORSDOTTIR, Eythora  (NED) - 52,733
... 16. VOSS, Sarah                              (GER) - 49,932
... 18. KICKINGER, Selina                   (AUT) - 49,231
... 21. FRYSAK, Bianca                        (AUT) - 47,132

         ►► Detaillierte Resultate

    Alle EUROPAMEISTERINNEN MEHRKAMPF
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*  Mittwoch, 12. April:
♦ Einzelmehrkampf - Qualifikation:
1. Jessica GADIROVA (GBR) - 55,566;       2. Zsofia KOVACS   (HUN) - 55,231;
3. Alice D'AMATO              (ITA) - 54,899;      4. Naomi VISSER  (NED) - 54,031; 
5. Georgia-Mae FENTON (GBR) - 52,899; 6. Alice KINSELLA (GBR) - 52,531;

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20. Sarah VOSS            (GER) - 49,732;
... 24. Selina Kickinger  (AUT) - 49,399;  .. 29. Bianca Frysack (AUT) - 49,065
... 30. Lea Marie Quaas (GER) - 48,866...38. Caterina Cereghetti (SUI) - 48,165

           ► Detaillierte Resultate

* Mittwoch, 12. April
* Einzelgeräte - Final-Qualifikation
Sprung;  ► Stufenbarren;  ► Schwebebalken;  ► Boden
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* Samstag / Sonntag 15./16. April

  G E R Ä T E F I N A L S


S P R U N G --:
Als Coline Devillard (FRA) die Halle für das Sprungfinale betrat, konzentrierte sie sich auf die anstehende Aufgabe. Mit 14,300 Punkten für ihren ersten Sprung sicherte sich die Europameisterin von 2017 ihren zweiten Titel mit einem schönen zweiten Sprung. Die Italienerin Asia D'Amato meisterte ihren doppelten Twisting Yurchenko mit Bravour, verließ aber bei ihrem zweiten Sprung die Landezone. Sie behält ihre Silbermedaille, die sie letztes Jahr in München gewonnen hatte. Nach einem ausgezeichneten Mehrkampffinale, in dem sie den 4. Platz belegte, hatte die Belgierin Lisa Vaelen den Preis im Visier. Mit weniger als 2 Hundertstelpunkten Rückstand auf D'Amato sicherte sich Vaelen die Bronzemedaille. Es war das zweite Mal, dass Belgien nach Aagje Van Walleghem im Jahr 2005 eine Bronzemedaille am Sprung gewann.

* Ergebnisse:  (> Startliste)
  1. DEVILLARD Coline  (FRA) - (5.4/4.2) =13,800
  2. D'AMATO, Asia          (ITA) - (5.0/4.8) =13,600
  3. VAELEN, Lisa           (BEL) -
(5.4/4.4) =13,583
         Detaillierte Resultate 
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S T U F E N B A R R E N --:
In einem hochkarätig besetzten Barrenfinale glänzte die Mehrkampfdritte Alice D'Amato, unterstützt von den lautstarken Anfeuerungen ihrer Schwester Asia, die eben zuvor Vize-Champion am Sprung geworden war. Sie verbesserte ihre bereits fabelhafte Barrenübung aus dem vortägigen  Mehrkampffinale und holte sich mit 14,466 Punkten den Sieg als erste Italienerin an diesem Gerät.
Nun haben also beide D'Amato-Zwillinge einen europäischen Einzeltitel auf ihrem Konto! In Antalya kehrte die Europameisterin von 2014 und 2016, Becky Downie, zu internationalen Wettkämpfen zurück. Sie hatte dem britischen Team hier bereits zu einem historischen Mannschaftssieg verholfen. Nun sicherte sich die 31-Jährige Silber, indem sie eine starke Herausforderung durch eine ebenso starke Titelverteidigerin Eli Seitz abwehrte.
* Ergebnisse    (> Startliste)
  1. D'AMATO, Alice             (ITA) - (6.2) =14,466
  2. DOWNIE Rebecca       (GBR) - (6.3) =14,233
  3. SEITZ Elisabeth           (GER) - (6.1) =14,200
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 * Mittwoch, 12. April


♦♦ Die Mannschaftsentscheidung  (- ohne Teamfinale!)


Mit erwarteter Stärke und individueller Präsenz ihrer Leistungsträgerinnen gab es die Wiederholung des Kampfes um Mannschaftsgold, ähnlich der EM München 2022, zwischen Italien und den Britinnen, nur das GROSSBRITANNIEN diesmal wieder die Oberhand behielt und mit +2,799 Punkten Vorsprung Titelverteidiger ITALIEN auf den Silberrang verwies. Endlich Gold, mag man auf der Insel jubeln, denn viermal schon seit 2010 war man schon Vize. Für Italien war es seit Bronze 2002 (Patras) und 2012 (Brüssel) nach dem Sieg in München nun mit Silber der vierte Medaillenerfolg eines Frauenteams.
Die Bronzemedaille geht nach 2018 (Glasgow) zum zweiten Male an die NIEDERLANDE, deren Silbermedaille von Volos (2002 ) auch schon über zwei Jahrzehnte zurück liegt.
Die Ränge 4 bis 8 (HUN; ROU; FRA, BEL; ESP) sind keine Überraschungen.
Eigentlich auch nicht der heftige Absturz von der heimischen Bronzemedaille des Vorjahres auf einen 9. Platz der deutschen Damen! Es war absehbar, und auch ein wenig symptomatisch: Nocheinmal waren es die Etablierten, wie Sarah VOSS (20.), die als einzige wenigstens das Mehrkampffinale erreichte und Ausnahmeerscheinung und Titelverteidigerin am Stufenbarren, Elisabeth SEITZ, die nochmals mit unglaublichem Kampfgeist  "die Zähne zeigte" und mit hohem D-Wert (6.1!) und dem drittbestem Barrenresultat ins Finale einzog, wenn auch hinter ihr mit Rebecca DOWNIE (D=6.3) und Zsofia KOVACS zwei Sieganwärterinnen auf Lauer liegen ...! Trotzdem, Chapeau!
Von den anderen im deutschen Team war nicht allzuviel zu sehen ...!
Leider gab es auch bei der Ttelverteidgerin am Balken, Emma Malewski, keine sichtbare Weiterentwicklung (D= 4.7) und nur Rang 35!
Wenn man bedenkt, dass von den 120 Balkenübungen 35 Turnerinnen einen Schwierigkeitswert von über 5.0 anboten und die Spitze D-Werte zwischen 5.7 und 5.9 mit Qualität erfolgreich riskierten, aus den Niederlanden (Wevers), Großbritannien (Gadirova, Achampong) und aus Ungarn (Kovacs) kommen, wird die Kalamität des deutschen Frauenturnens sichtbar: WM-Qualifikation des Teams (zwar nur) auf Rang 9 geschafft, aber inhaltlich und vom Anspruchsdenken her, ist von der Gerben Wiersma-Truppe noch bis Paris 2024 ein weiter und keineswegs leichter Weg zurückzulegen!!
Richtig gejubelt werden, aber kann in Österreich, das überglücklich auf Rang 12 die WM-Qualifikation geschafft hat, und das nur noch knappe 5 Punkte von der deutschen Mannschaftswertung entfernt lag (- und damit einen 11-Punkte-Rückstand des Vorjahr um mehr als die Hälfte halbiert hat!), und Selina Kickinger erreichte auf Position 21 das Einzel-Mehrkampf-Finale der besten 24 Turnerinnen.
Traurig dagegen waren die jungen Türkinnen, die als Gastgeber mit etwas mehr als einen halben Punkt Rückstand hinter der Tschechischen Republik die WM-Qualifikation auf Rang 14. knapp verpassten!
- ehe-

ERGEBNISSE Mannschaften: (1. - 13. = qualifiziert für WM Antwerpen)
1. GREAT BRITAIN - 164,428
2. ITALY    - 161,629
3. NETHERLANDS - 158,896
      4. HUNGARY - 156,627;  5. ROMANIA - 156,297;   6. FRANCE   - 155,296;
      7. BELGIUM - 154,996;    8. SPAIN         - 153,097;  9. GERMANY - 152,096;
     10. SWEDEN - 149,930; 11. FINLAND - 148,230;     12. AUSTRIA    - 147,497;
     13. CZECH REPUBLIK - 145,530
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