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Erika Zuchold 
lebt und arbeitet heute als Malerin in Leipzig

Ex-Weltmeisterin und heutige Künstlerin
Erika Zuchold zum deutschen Frauenturnen


Jahn, Coubertin, Ellen Berger und das
deutsche Frauenturnen

(Erika Zuchold:  
- Deutscher Turn-Weltstar der Sechziger und Siebziger Jahre,
- 4fache Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele 1968 und 1972,
- 2fache Weltmeisterin 1970 (Sprung, Balken), gewann bei Großereignissen insgesamt 17 Medaillen und war die erste Frau der Welt (1963), die den Flickflack auf dem Schwebebalken wagte.

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Spitze und Breite - ein altes Thema

" ' Damit sich hundert körperlich betätigen, müssen fünfzig Sport treiben, müssen sich zwanzig spezialisieren. Zur Spezialisierung von zwanzig ist es erforderlich, dass fünf zu außergewöhnlichen Leistungen fähig sind.'
Darin stimme ich dem französischen Humanisten und Begründer der modernen Olympischen Spiele - Baron Pierre de Coubertin - zu, obwohl dieser ein ausgesprochener Feind des Frauensports war."

"Ich setze zu seiner These sogar noch eins drauf und sage, daß von den fünf einer das Zeug hat, zur Elite zu stoßen. Auch dem Baron lag nicht so sehr an den fünf als an den hundert, die sich sportlich betätigen, die aber letztendlich auch das Vorbild und Beispiel der fünf begeistert und gewonnen hatte. Auch wenn er vor einhunderte Jahren mehr die Männer als die Frauen im Blick hatte.Ich will aus meiner Sicht damit sagen, daß Spitzensport und Breitensport in Wechselbeziehung stehen und Wechselwirkungen auslösen. Es ist ein einfaches Naturgesetz in unserer vergänglichen Welt - ein dualer Vorgang - darum dürfen Leistungssport und Breitensport nicht getrennt und einpolig betrachtet werden. Sie gehören zusammen, sind abhängig voneinander und bedingen einander. Unter Breitensport verstehe ich die verschiedensten Arten des Freizeitsports, Wettkampfsports in den Klassen und Ligen. 

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Erika Zuchold, Juan Antonio Samaranch
1996

Jene sportliche Betätigung, die sich nicht das Ziel setzt, sportliche Höchstleistungen zu vollbringen. Diese Art von Sporttreiben befriedigt einfach die Bedürfnisse von Millionen von Menschen. Dabei denke ich zum Beispiel an das traditionelle alljährliche Friedrich-Ludwig-Jahn-Turnfest in Freyburg an der Unstrut, wo sich jung und alt, zwischen 15 und 95 und noch älter zum Wettkampfsport auf der Wiese treffen. Ich habe als frühere Weltmeisterin dort genauso gern mitgeturnt, wie später als Freizeitsportlerin und bin bis auf den Tag dem Freyburger Treffen treu geblieben, wenn auch im vergangenen Jahr nur bei Siegerehrungen.

Aber Anregungen zum Sport treiben erhielten Millionen durch Vorbilder, deren Leistungen und Erfolge zum Nacheifern anregten, sich mit dem Vorbild zu identifizieren. Das Vorbild von Olympioniken ist vor allem für die jüngeren Generationen, für Kinder und Jugendliche von großer Bedeutung. Es wird zum Anstoß, selbst Sport zu treiben. Als vor Jahrzehnten der Magdeburger Radrennfahrer Gustav-Adolf Schur durch die Internationale Friedensfahrt Anfang der 50er Jahre so populär wurde, ahmten die Kinder begeistert ihrem "Täve" - wie er im Volksmund genannt wurde - auf den Strassen nach.
Mit Michael Schumacher ist das heute nicht anders.

So wie z.B. der Turnsport seit Friedrich Ludwig Jahns Zeiten zu den Menschen gehörte, so ist er im Sinne von Baron Pierre de Coubertin in unserer hochtechnisierten Gegenwart ein lebensnotwendiger Bestandteil geworden. Er integriert besondere Tugenden, wie Disziplin, Ausdauer in der Sache, Kreativität und nicht zu vergessen - die Ästhetik, alles Eigenschaften, die gerade in den Zeiten der Werteverluste und des schnelllebigen Konsums wieder an Bedeutung gewinnen müssen und werden. Darum muss das Turnen wieder forciert und modern propagiert werden.

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Simeonescu, Cottbus 2000

Wie kommt das deutsche Frauenturnen wieder aus dem Keller?

Maria Simionescu, die Vizepräsidentin des TK Frauenturnen in der FIG, bedauerte dieser Tage beim Turnier der Meister in Cottbus den Leistungsrückstand des deutschen Frauen-Turnsports. Schliesslich gehörten wir in den sechziger und siebziger Jahren und auch später zur absoluten Weltspitze. Ich meine damit vor allem den Bereich des DTV der DDR, der von meiner ehemaligen Trainerin Ellen Berger wesentlich geprägt wurde - der späteren langjährigen Präsidentin des Technischen Komitees des Weltverbandes.

Unsere Riege verpaßte z.B 1970 nur äußerst knapp den Titel zu den Weltmeisterschaften Ljubljana, hatte nach der Pflicht sogar in Führung gelegen und wurde Zweite hinter der UdSSR.

Unsere damalige Mannschaftstrainerin war Christa Herrmann, bis vor kurzem Hauptkampfrichterin im DTB, dem sich der DTV vor knapp zehn Jahren angeschlossen hatte. Um den Anschluß zur Weltspitze wieder herstellen zu können, bedarf es erfahrungsgemäß vieler grundlegender organisatorischer, trainingsmethodischer und die Wettkampfplanung betreffende Veränderungen. Christa Herrmann z.B. besass diesen Fundus. Aber nicht nur sie, auch viele Jüngere, die heute in anderen Berufen arbeiten, wie eine Steffi Biskupek-Kräker oder eine Angelika Hellmann, weil für sie im deutschen Spitzenturnen kein lukrativer Platz mehr war. Ob man in anderen Ländern mit solch' innovativen personellen Ressourcen ebenso leichtfertig umgeht...?

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Erika Zuchold and Christa Herrmann (coach),
on the podium, World Championships 1970:

Man muss auch den Turnsport in der untersten Ebene (Vorschulalter und Grundschule) wieder attraktiver gestalten, zum Beispiel auch durch gezielte Kontakte mit ehemaligen erfolgreichen Spitzenathleten. Das geht sicher auch weit über den DTB, den DSB hinaus, das sollte auch ein Aufgabenbereich der Kultusministerien in den einzelnen Ländern sein. Die riesengroße Versäumnisse betreffs Bewegungsarmut unserer Kinder sind schon beängstigend - hier widmet man demTurnsport leider nicht mehr die nötige Aufmerksamkeit!

Sichtung, Auswahl, territoriale Konzentration und Förderung von Talenten in speziellen Sportschulen sind unerlässlich - wie die Fußball-Sportschule in Leipzig oder Turnschulen in den USA, Frankreich, Australien oder Spanien, Griechenland oder auch in den ehemaligen Staaten des Warschauer Vertrages. In einem Team müssen hochqualifizierte Turn- und Akrobatiktrainer, Tanzpädagogen, Psychologen, Physiotherapeuten und Sportärzte arbeiten. Das ist die Grundvoraussetzung für Weltspitzenleistungen neben der Begeisterungsfähigkeit aller. Aber dazu gehören auch sehr viel Geld, und vor allem begeisterungsfähige Leute und Funktionäre, die das wirklich wollen, denn Sponsoren geben nur Geld, wenn man sie von einem Projekt begeistern kann.

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1964: The very first Flic Flac on beam in the world
Erika Zuchold and coach Ellen Berger

Voraussetzung zum Erfolg sind täglich zwei bis drei Trainingseinheiten an den Geräten, einschließlich athletischer Ausbildung. Solch ein Pensum ist nur in einem abgestimmten Schul- und Bildungssystem zu realisieren. Meines Wissens trainieren aber die deutschen Turnerinnen derzeit nur fünfzig bis sechzig Prozent dessen, was die Riegen der besten sechs Länder absolvieren. Es allein in Stunden aufzurechnen ist nicht günstig, entscheidend ist die Komplexität aller Dinge, die am Ende die grosse Leistung und die grosse Persönlichkeit ausmachen, die das alles selbst so will!

Gut wäre es, die besten 20 Turnerinnen in einen erweiterten Kaderkreis der Nationalmannschaft des DTB zu berufen, der praktisch zwei Olympia-Zyklen vereint. Die Kleinen könnten da von den Großen lernen und sich vieles abschauen. Und warum die Großen nicht auch von den Kleinen? Diesbezüglich habe ich die besten Erfahrungen in meiner eigenen Laufbahn machen können.
Neben nationalen Wettbewerben sind acht bis zehn internationale Wettkämpfe wie Länderkämpfe, internationale Pokalwettbewerbe, Turniere etc., erforderlich, um bei den Turnerinnen die Basis für ein sicheres und selbstbewußtes Auftreten bei EM, WM und dem Höhepunkt Olympische Spiele zu legen.

 Leistung nur in der "Retorte" zu produzieren, ist nicht möglich.
Und natürlich müssen Reglement und Bewertung, müssen die nationalen Kampfrichterinnen in den Ausbildungsprozess einbezogen werden. Nur vor ihren gestrengen und nicht unkritischen Augen entwickeln sich Persönlichkeiten, wird den Turnerinnen die Angst genommen. Wie ich hörte, sind diesbezüglich bei der jüngsten WM in China eingige Fehler gemacht worden, hat man den Turnerinnen Dinge vorgegaukelt, die unrealistisch waren.

Ich glaube, auch in Deutschland sollte es möglich werden, wieder eine Turnelite zu haben, die sich mit den Mädchen aus den USA und Russland, aus Australien und Rumänien, aus Frankreich, der Ukraine oder Griechenland und China messen kann. Unsere kleinen Turnerinnen sollten sich auch bald wieder ihre Vorbilder im eigenen Turner-Bund suchen können.
Man muß und kann das Ausbildungssystem in Deutschland ändern.

Wenn man es nicht tut, sollte man auch nicht mehr träumen, zur Spitzengruppe in der Welt irgendwann mal wieder zu gehören...

Auf alle Fälle gehören meine Sympathien allen deutschen Turnerinnen, die sich um ihre olympischen Chancen mühen. Vielleicht achte ich einmal besonders auf den Weg Katja Abels , mit deren Mutter Irene Abel ich in München 1972 die olympische Silbermedaille erturnt habe."

Turnfeststadt Leipzig, im April 2000

Erika Zuchold
Ex-Turnweltmeisterin

VERNISSAGE ERIKA ZUCHOLD

Erika Zuchold eröffnete am 10.April 2000 in den Räumen des Organisationsbüros des 31. Deutschen Turnfestes in Leipzig 2002, in den AXIS-Passagen der Management-parc GmbH in der Schumann-Strasse in Leipzig eine Vernissage eines Querschnittes ihrer Arbeiten.

audi_logo.gif (2343 Byte)Am 13.April (19.30 Uhr stellt sie "Malerei, Graphiken, Skulpturen" im Audi-Autohaus in Wurzen, Schiemannstr.2, aus.

Anfang Juni plant sie - mit Unterstützung des Österreichischen Fachverbandes für Turnen ÖFT - eine Ausstellung und Lesungen in der Mozartstadt Salzburg/Österreich.

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The artist Erika Zuchold

>> Siehe Ausstellung: BERÜHRUNGEN" im Hotel Interconti, Leipzig aus Anlass des Deutschen 
     Turnfestes 2002
>>  ... siehe Ausstellung "BEWEGUNGEN", Januar 2003, Wohnungsgenossenschaft NEUES BERLIN

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