03-Oct-2001

 61. Deutschen Turnmeisterschaften der Frauen

BILANZ der Bundestrainerin Dr. Petra Theiss

 

Zunächst möchte ich betonen, dass ich die gemeinsame Ausrichtung der Deutschen Meisterschaften der Frauen und Männer äußerst positiv bewerte!
 Nicht nur die größere Zuschauerresonanz, sondern auch das gemeinsame Auftreten spornt alle Beteiligten zusätzlich an. Zukünftig sollte dieser Austragungsmodus beibehalten werden, wobei zum einen auf einen zeitlich strukturierteren Wettkampfablauf, zum anderen aber auch auf mehr Übersichtlichkeit im Wettkampfablauf geachtet werden sollte. Bei der Generalprobe in Dessau ging die eine oder andere Übung leider noch unter.

Die gezeigten sportlichen Leistungen bei den Turnerinnen stimmen insgesamt wenig euphorisch, geben aber auch keinen Anlass zu frühzeitiger Resignation im Hinblick auf die Zielstellung „Athen 2004“. Die Fakten sind an dieser Stelle bereits deutlich genannt, der Vergleich des gezeigten Leistungsniveaus mit dem früherer „Bezirksspartakiaden“ erscheint aber angesichts der aktuellen Strukturbedingungen des Kunstturnleistungssports in Deutschland und der neuen Wertungsvorschriften reichlich überholt. (siehe Report. die red.) Im Zusammenhang mit dem niedrigen Wertungsniveau ist auch zu betonen, dass bei den diesjährigen Meisterschaften im Hinblick auf die Weltmeisterschaften 2001 bewusst ein strenger Bewertungsmaßstab angelegt wurde.

Deutliche Leistungsfortschritte waren aus meiner Sicht sehr wohl zu erkennen, insbesondere bei den „Newcomern“ im Kreis der Nationalmannschaft wie Yvonne Musik, Conny Schütz und auch Mirona Duda. Erfreulich auch aus meiner Sicht, dass die Turnerinnen, die eine hinsichtlich Trainingsumfang und –intensität konsequente Vorbereitung ohne große Trainingsausfälle absolvieren konnten, auch gute und bereits relativ stabile Leistungen gezeigt haben. Wir können keine deutlichen Leistungsfortschritte erwarten, ohne unsere „alten“ Umfänge und Intensitäten im Bereich des Übungstrainings zur Vorbereitung auf Wettkampfhöhepunkte zu überdenken, sprich zu erhöhen. Ohne eine deutliche Steigerung des Gesamttrainingsumfangs bewegen wir uns derzeit aber gerade hiermit auf einem sehr schmalen Grat der Belastbarkeit der einzelnen Turnerinnen!

Conny Schütz >>
(TuG Leipzig)         

Im Hinblick auf die bekannten Leistungsträger Birgit Schweigert, Lisa Brüggemann, Katja Abel, Daria Bijak und Gritt Hofmann, die allesamt verletzungs- bzw. krankheitsbedingt Leistungseinbußen hinnehmen mussten, bin ich optimistisch, dass wir im Rahmen der Endvorbereitung auf die WM Gent noch deutliche Leistungsfortschritte hinsichtlich der Programminhalte als auch der Stabilität erreichen können. Nicht unerwähnt sollte aber auch der Ausfall von Dagmar Fehrenschild bleiben, der eine unerwartete und große Lücke in die Leistungsbilanz der Deutschen Meisterschaften reißt.

Last but not least wird neben dem notwendigen Feinschliff während der Endvorbereitung auch der viel zitierte Teamgeist entscheidend zum Gelingen des Unternehmens WM 2001 beitragen. Und wer könnte hier einen besseren Beitrag liefern, als Gabi Weller, die zudem mit ihrer überzeugenden Leistung unter Beweis gestellt hat, dass man mit 25 Jahren  durchaus nicht „zum alten Eisen“  im Frauenturnen gehören muss. Angesichts kritischer Stimmen unserer „Turn-Oma“ gegenüber kann ich abschließend nur die Frage stellen: Was wollen wir denn nun im Frauenturnen in Deutschland? Karriereverlängerung oder doch lieber Turnküken? Oder kann nicht sein, was nicht sein darf?

   61.DEUTSCHE TURNMEISTERSCHAFTEN, Dessau 2001