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15-SEP-01

Kolkwitz/Germany:

Deutschland: Erste WM-Qualifikation der Männer

Kolkwitz, 15-Sep-2001

Bericht / Report / Resultate

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RESULTATE / RESULTS: 

(SV=Start Value / A-Wert)

Name

Club SV SV SV SV SV SV
1 Sven Kwiatkowski KTV Chemnitz 9,8 9,050 10 9,550 9,3 8,450 9,7 9,100 9,1 8,400 9,9 9,500 54,050
2 Thomas Andergassen EnBWKTV Stuttgart 9,5 8,800 9,8 9,150 9,7 8,900 9,8 9,250 9,4 8,900 9,3 8,800 53,800
3 Stephan Zapf EnBWKTV Stuttgart 9,6 8,300 9,8 8,700 9,8 9,200 9,8 8,700 9,1 8,550 9,7 9,250 52,600
4 Sergej Charkow TG Saar 9,1 8,350 9,2 8,400 9,8 9,250 9,3 8,850 9,6 9,050 9,7 8,600 52,500
5 Robert Juckel SC Cottbus 9,6 8,950 9,8 9,250 9,2 8,350 9,8 9,300 9,0 8,450 9,2 7,850 52,150
6 Valeri Belenki EnBWKTV Stuttgart 9,0 8,550 9,8 8,650 9,0 8,250 9,7 9,100 9,5 8,950 9,1 8,100 51,600
7 Marius Toba TK Hannover 8,9 8,300 9,2 7,950 10 9,450 9,8 8,950 9,3 8,250 9,0 8,050 50,950
8 Christian Berczes SV Halle 9,2 7,950 9,8 8,850 9,5 8,800 9,2 8,550 9,5 8,400 9,1 7,950 50,500
9 Ronny Ziesmer SC Cottbus Turnen 9,3 7,750 9,7 8,000 9,3 8,500 9,8 9,150 9,1 8,300 9,3 7,700 49,900
10 René Tschernitschek SV Halle 9,5 8,450 9,5 8,650 9,3 7,850 9,8 9,200 9,1 8,000 8,5 6,850 49,000
11 Steffen Logk SC Cottbus Turnen 9,3 8,050 9,0 6,750 9,0 8,000 9,7 8,750 9,2 8,550 9,3 7,850 48,000
12 Tom Neubert KTV Chemnitz 9,3 8,550 8,6 6,700 8,9 7,650 9,3 8,750 9,0 7,250 9,6 8,900 47,800
13 Lars-Gr. Biewendt SC Berlin 8,9 7,750 9,0 7,250 9,0 8,250 9,3 8,800 9,0 7,500 9,3 8,100 47,650
14 Jens Uebel KTV Chemnitz 9,3 8,100 8,9 7,450 8,9 7,650 9,5 7,750 9,1 8,300 9,4 8,350 47,600
                                 
  REPORT / BERICHT von Eckhard Herholz:

Was bleibt, ist weiterhin nur die Hoffnung...
Zunächst verharrten die 14 Aufrechten und die ca. 170 (!!) Gäste im Sportcenter von Kolkwitz vor den Toren der Lausitzmetropole in Schweigen und gedachten der Terroropfer in den USA, unter denen auch die soeben ernannte Turn-Cheftrainerin der Universität von Californien, Santa Barbara, Mari-Rae SOPPER war,  die sich in der Pentagonmaschine befand......

Schwer war es danach, sich wieder den profanen Dingen des Alltags zu widmen, zumal es kaum Anlässe gab, die 6 Wochen vor der nacholympischen WM im belgischen Gent zu Freudenausbrüchen im deutschen Turnlager hätten führen können. Bundestrainer Rainer Hanschke hielt sich denn auch zurück und verteilte nur sparsames Lob gerade mal über die ersten drei der Wettkampfrangfolge. 

Wenn Sven Kwiatkowski seine beiden schwachen Geräte Ringe und Barren nicht hätte, könnte man sogar - aber nur bei ihm -von einer international ansprechenden Mehrkampfleistung sprechen: "Kwitschi" hat einen seiner starken Mehrkämpfe abgeliefert, das bezieht sich vor allem auch auf seine Wettkampfeinstellung". Diese Aussage des Bundestrainers schränkt Heimtrainer Henry Vogel doch ziemlich ein und ist sich der genannten Defizite ebenso bewusst, wie auch sein Schützling selbst. Zudem ist er gegenüber seinem schärfsten Konkurrenten Thomas Andergassen am Sprunggerät "sehr gnädig" behandelt worden: Für seinen Rondatsprung mit Doppeldrehung  in der 2.Flugphase (A-Wert: 9,7), den er mit grobem Landungsfehler absolvierte (viele Stolperschritte rückwärts), erhielt er immerhin 9,100 Punkte. Thomas Andergassen dagegen zeigte als momentan einziger Deutscher einen Doppel-Tsukahara (AW 9,8), machte nur zwei kleine Schritte und bekam hingegen "nur " magere  9,25 Punkte.


Andergassen, Kwiatkowski:
Die stärksten der Konkurrenz

Und auch sonst gab es viele Instabilitäten, insbesondere von den jüngeren Leuten, wie Ronny Ziesmer (Cottbus), Lars-Gregor Biewendt (Berlin) oder Jens Uebel (Chemnitz), die ebenso wie der schon WM-erfahrene Renè Tschernitschek (Halle) ihre Trainingsleistungen nicht im Mindesten bestätigen konnten.


Charkow, Belenki, Toba: 
Größen des Weltturnsports, aber zusammen schon über 94 Jahre alt

Das Gesamt-Leistngsniveau kurz vor der WM ist mehr als bedenklich: 
Nur 8 Turner boten überhaupt Wertungen über 9 Punkte an. An Boden (Kwiatkowski, 9,05) und Barren (Sergej Charkow , 9,05) gab es jeweils nur einen Wert über Neun! Besonders krass fiel der Leistungsrückgang der ehemals stolzen Ringe-Nation an diesem Gerät auf, an dem nur noch der Sydney-Beste Marius Toba (9,45) mit seinen 33 Jahren den Jungen ein Lehrstück seiner Kraftleistungen gab. Einen Ansturm der "Alten" von Charkow, Belenki, Toba, gab es nicht - deren Leistungen sind im internationalen Maßstab längst nicht mehr von aller erster Güte, in Deutschland aber kommen sie immer noch locker in einen Kaderkreis für eine WM!  Der Boden-Olympiasieger Charkow (1988) machte nach der DM 2000 (Albstadt) seinen ersten Sechskampf überhaupt wieder, Belenki sprang vor drei Wochen die Bizepssehne mehrfach heraus, hielt sich z.B. an den Ringen stark zurück, und wie Toba seine Ellenbogen OP im Sommer wegsteckte, ist ohnehin wie ein kleines Wunder.

Aber ein nötiger Ansturm der Jungen war kaum spürbar!

Gerade das eben sind die untrüglichen Zeichen einer defizitären Entwicklung des letzten Jahrzehnts, die auch 12 Monate nach dem olympischen Einbruch von Sydney nicht gestoppt werden konnten. 
Einziger Lichblick neben den drei Ersten Kwiatkowski, Andergassen und Zapf war der erst zwanzigjährige Robert Juckel, - in Cottbus trainiert von Gunter Schönherr - der noch bis zum letzten Gerät an dritter Stelle lag, trotz schwacher Barrenkür (wenig Inhalt), dann aber nach Stalderbücke - Konter unfreiwillig das Reck verließ und noch hinter Sergej Charkow auf Rang 5 zurückfiel, aber immerhin...!

Sicher fehlten Bundestrainer Hanschke vier seiner 18 Athenkader. Waldemar Eichorn (TG Saar) und Fabian Hambüchen waren zu einem Juniorenturnier in Japan eingesetzt, und schmerzlich fehlten ihm auch die beiden Verletzten Dmitri Nonin (Berlin) und Sergej Pfeifer (Hannover). Während letzterer noch die Hoffnung hat in zwei Wochen bei den Deutschen Meisterschaften anzutreten, hat Nonin gerade Mal acht Wochen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr und drei Wochen Training nach seiner Schulter-OP im März hinter sich und steht für die WM in Gent auch noch nicht zur Verfügung.


Robert Juckel: Zeit für kurzen Handy-Gruß...!

Es wurden in dieser Kolkwitzer Halle auch solche Meinungen geäußert, wie: "...die kommende WM ist eh` für den Gasmann..." - damit scheint aber auch eine mittelfristige Olympiavorbereitung 2004 mit der Station WM 2003 in den USA in Gefahr, wenn sich die im Prozess der Leistungsausbildung Befindlichen nicht mit Konsequenz den aktuellen Aufgaben widmen. Die besten Turnnationen traten inzwischen in den letzten Wochen auf großen internationalen Bühnen wie der Universiade in Peking, den Goodwill Games in Brisbane oder der Mittelmeer-Olympiade in Tunis auf; wenn mal die von den Deutschen geübte Wettkampfabstinenz sich nicht negativ in der "Flanderen Topsporthal" in Gent auswirkt.....!
Auch von den lautstark im nacholympischen Herbst zum Turntag in Leipzig durch Eduard Friedrich (DTB) angekündigten Veränderungen scheint zumindest bis zu diesem Zeitpunkt noch wenig in der deutschen Spitze angekommen zu sein. Das Fazit des DTB-Vizepräsidenten Friedrich nach diesem Wettkampf in Kolkwitz: "Für Gent werden wir noch einige Mühe haben, ein Team für den vorderen Bereich auf die internationale Bühne zu stellen. Für die WM 2003 (Olympiaqualifikation) hoffen wir dann aber wieder auf ein kampfstarkes Team und auf einen Platz unter den ersten Sechs!"
Doch das "Prinzip Hoffnung" allein reicht im Gerätturnen nicht für Veränderungen...!

Eckhard Herholz

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