06. September 2010  
Schwäbisch Gmünd  
Gerätturnen

Otto Baur: Ein Schwäbisches Turn-Urgestein wird 75

Heute feiert in Schwäbisch Gmünd Otto BAUR seinen 75. Geburtstag, der seit über vier Jahrzehnten einer der unermüdlichen Motoren für die dortige und die deutsche Turnentwicklung ist. In der 80 jährigen Geschichte des TV Wetzgau prägte Otto Baur seit den sechziger Jahren dort das Kunstturnen wie kein Zweiter!
Der engagierte und ideenreiche Pädagoge - selbst über Umwege zum Kunstturnen gekommen - baute dort die erste Leistungsriege auf, die 1968 erstmals den "Württembergischen Mannschaftsmeistertitel" errang, kämpfte sich mehrfach mit Generationen von jungen Turnern in die 2. Bundesliga hoch und mühte sich jahrzehntelang um die Erfüllung eines Traumes, der sich erst 2010 realisierten ließ: ... eine eigene Trainingshalle mit stationären Geräten!


Mit den 68'er-Jahrgängen wie Andreas Bader, Günter Wildner, Peter Hägele, Oliver Munz, Andreas und Johannes Baur 1984 gestartet, schaffte das Team über die Verbandsliga (1985) auf Anhieb den Durchmarsch in die Oberliga: 1987 stand man an der Spitze der Tabelle!

TV Wetzgau - immer noch eine Turnhochburg!


In der Regionalliga (1987) erfolgte dann eine zusätzliche Motivation durch die Entwicklung der steilen Sportkarriere Peter Langers zum deutschen Spitzenturner (dreimaliger Deutscher Meister am Pauschenpferd 1988-90 und Mitglied der bundesdeutschen WM-Riege 1989 in Stuttgart). Viele Jahre fest in der Regionalliga etabliert gab es einen weiteren Entwicklungssprung, als es gelang, das Ex-Mitglied der rumänischen Nationalmannschaft Paul Schneider 1990 als hauptamtlichen Trainer an der Seite Otto Baurs einzustellen.
So erfolgte im Herbst 1990 der Aufstieg in die 2. Bundesliga ab 1991. Die folgenden Jahre waren geprägt durch den ständigen Kampf gegen den Abstieg, verursacht durch die unzureichenden Trainingsbedingungen.
1994 folgte dann der bittere Abstieg in die Regionalliga, dann wieder Aufstieg, 2. Bundesliga, und Otto Baur immer unermüdlich und engagiert ...!
... und immer kämpfte er um bessere Hallenbedingungen für anspruchsvolle Ziele im Kunstturnen, lange vergeblich!

Über Umwege zum Turnen


Eigentlich war Otto Baur nur über Umwege zum Turnen gekommen, bevor er diesen Sport aber zu seinem zweiten Lebensinhalt gemacht hatte - " ...nach der Familie, bitte schön" : Fünf Kinder (" ... und aus allen ist etwas geworden") hat Otto Baur zusammen mit seiner Frau Zita groß gezogen. "Ohne meine Ehefrau, die mich immer unterstützt und mir den Rücken frei gehalten hat, hätte ich niemals den Sport so in den Vordergrund stellen können", wie er gegenüber der Rems-Zeitung bekundete.
Dabei war der Weg, der den heute weit über die Grenzen hinaus bekannten Trainer zum Kunstturnen geführt hat, mehr als kurios. "Früher gab es weder Trainer noch Betreuer, wir haben halt ein wenig rumgeturnt."

Bantz und Baur, zwei Olympiateilnehmer


Den ersten Kontakt knüpfte Otto Bauer, der seit seinem zweiten Lebensjahr in Wetzgau wohnt, beim Studium ("Allround-Lehrer"). Über einen Aushang am "Schwarzen Brett" gelang es Baur als Versuchskaninchen beim Deutschen Verband für Leibesübungen einen Fortbildungskurs zu belegen. Lehrgangsleiter war der damals beste deutsche Turner Helmut Bantz. "Ihm habe ich dann beim Training in Stuttgart-Münster, damals in der Vorbereitung auf die Olympiade in Melbourne 1956, zugeschaut. Seit diesem Zeitpunkt bin ich Kunstturn geschädigt."
Vor allem als das große Idol dann auch noch Olympiasieger wurde. In immer weiteren Fortbildungen wuchs das Wissen des Wetzgauers ins Unermessliche. Mit den Erfolgen begann es schließlich in den 60er Jahren. Die guten Ansätze der von Baur betreuten Turner (Hägele, Langer) machten auf die Wetzgauer aufmerksam. "Und dann ging es richtig los", betont Otto Baur im Rückblick. Bei einer Weiterbildung in Frankfurt war er "ein Nichtskönner unter all den Stars", doch er bestand all seine Prüfungen mit Bravour.
Die Folge: als Kampfrichter saß er 1972 bei den Olympischen Spielen in München neben den Geräten und stufte die besten der Welt ein.

Die Trainerlaufbahn: Learning by doing, und hohe Ansprüche!


Nicht nur als Wertungsrichter, sondern auch als Coach ging es in den folgenden Jahren für Otto Baur schnurstracks bergauf. "Viele fragen mich heute noch, wie das mit den bescheidenen Mitteln in Gmünd überhaupt möglich war! Vermutungen wurden angestellt, ich hätte eine private Trainingshalle für meine Athleten", grinst Baur im Rückblick - doch andererseits stimmt ihn diese Situation auch traurig. "Wir hatten früher einen großen Fehler - wir waren zu bescheiden."

Deutsche Turner sind zu bescheiden


Bei couragierterer Öffentlichkeitsarbeit sei die Zeit damals sicherlich reif gewesen, um eine eigene Halle zu bekommen. "Das haben wir zu spät kapiert."
Dies belegt auch das Archiv, das sich bei Baur angesammelt hat: die Zeit in den neunziger Jahren füllt mehrere Ordner - die 20 Jahre zuvor, gerade mal einen. Sein Credo sei gewesen: "Mach keine Wellen!" Aber eine gewisse Hoffnung hatte der ehemalige Lehrer der Friedensschule immer: "Vielleicht klappt's ja im nächsten halben Jahr mit der Halle mit stehen Geräten." Das war Mitte der Neunziger, wo er schon mal an den Abschied dachte...:
 "Irgendwann kommt er Zeit, wo ich nicht mehr Tag für Tag in der Halle stehe."  Die Familie sollte in Zukunft noch mehr vorgehen, die die Reiselust, das Fernweh, drängten: "Es gibt so viele schöne Ecken, die ich mir ansehen möchte." 

Die nachhaltigen Spuren des Otto Baur's
Doch die langfristig angelegte Nachwuchsstrategie Otto Baurs, begann sich auszuzahlen.
Die Verleihung des "Grünen Bandes" 1992 an den TV Wetzgau war dafür nur ein Ausdruck.
Viele Kaderplätze wurden und werden von Wetzgauer Jungen belegt.
Als einziger Verein Ost-Württembergs erhielt der TV Wetzgau 2002 das Prädikat "Talentschule Kunstturnen".

Otto Baur: ' ... na endlich!'

1991 schon ehrte man ihn als "Sportpionier Schwäbisch Gmünd", 1994 erhielt er die Verdienstmedaille des Land Baden-Württemberg, 2009 die Ehrennadel des Schwäbischen Turnerbundes in Gold ...
... und heute sicher hunderte Glückwünsche zu seinem Ehrentag!
* GYMmedia INTERNATIONAL
   in Kooperation mit der Rems-Zeitung