06. Dezember 2018  
Biedenkopf, GER  
Gerätturnen

Nationales Liga-Turnen in Deutschland in der Krise

Eben erst Deutscher Mannschaftsmeister 2018 geworden, zieht sich nun auch der frisch-gekürte nationale Champion, die KTV Obere Lahn, aus der 1. Deutschen Kunstturnliga der Männer - nach 6 Jahren 2. Bundesliga und 7 Jahren Erstligapräsenz - zurück.
Zuvor musste in diesem Herbst bereits der MännerTurnVerein (MTV) aus der kommenden WM-Stadt Stuttgart aufgeben: zu wenig namhafte Zugpferde und Spitzenturner, vor allem fehlende Finanzen. Der Rückzug aus der Bundesliga der KTV Obere Lahn war bereits seit Längerem beschlossene Sache. Künftig soll in Biedenkopf der Fokus auf die junge Generation der eigenen Talente ausgerichtet werden.
Wenn von acht Erstliga-Vereinen 25 % die Segel streichen, muss man wohl von einer echten Krise sprechen, mindestens jedoch sachlich die Struktur hinterfragen, denn ...:

♦ ... trotz  Aufwärtstrends nach Jahrtausendwechsel!
Dabei fehlte es nicht an kreativen Versuchen, neben dem Bundes- und Landesstützpunktstrukturen, auch ein nationales Ligasystem auf Teambasis zu etablieren, und es gab dabei auch durchaus erfolgreiche Phasen. Allerdings gründeten die sich auf den generellen Leistungsaufschwung, den das nationale deutsche Männerturnen spätestens wieder zur Jahrtausendwende mit positivem Trend vollzog.
Waren die langsam abklingende Erfolge der "Wecker-Ära" Mitte/Ende der neunziger Jahre z. T. noch der auslaufenden DDR-Laufbahnen mit deren systematisch aufgebauten Karrieren solcher Turner, wie Peter Nikiferow, Mario Franke, Oliver Walther, Frank Tippelt, Sylvio Kroll, René Tschernitschek, Maik Krahberg, Heiko Neugebauer  u. a.  geschuldet, baute ein damaliges Trainerteam um Nachwuchstrainer Andreas Hirsch bereits  wieder eine neue Generation ganz junger Leute auf:

Die traten dann ab der Jahrtausendwende, erstmals sichtbar für die Öffentlichkeit, bei den Junioren-Europameisterschaften in Bremen (2000), in Erscheinung:

<< Allen voran mit dem Youngster-Trio Fabian Hambüchen, Waldemar Eichorn, Matthias Fahrig oder auch mit dem dann später tragisch verunfallten Cottbuser Mehrkampfmeister Ronny Ziesmer ...

Ihnen folgten dann solche talentierten Leistungsträger wie Eugen Spiridonow, u. a. ... dann der sensationelle Erfolg deutscher Junioren 2006 zur Kontinentalmeisterschaft in Volos (GRE) mit dem Team-Titel, wo mit Max Finzel, Brian Gladow und Steve Woitalla als ein deutsches Trio gar unter den besten 5 Turnern (!) der JEM war und mehrere Titel holte.
Und natürlich war es die schon in Bremen 2000 begonnene unvergleichliche Weltkarriere eines Fabian Hambüchen, mit autarker und individueller Akribie geführt, bis hin zu seinem Olympiasieg 2016, was wie ein Katalysator wirkte, für den Aufschwung der medialen und öffentlichen Aufmerksamkeit im Lande sorgte!
Und Hambüchen war dabei kein einzelner Sonderfall: Ihm zur Seite und auf Augenhöhe war mit Philipp Boy ein Mehrkampf-Vize-Weltmeister und Europameister, holte sich das begnadete Talent Marcel Nguyen Olympiasilber im Mehrkampf und waren um diese Exponenten herum eine erkleckliche Zahl herausragender Mannschaftsturner, wie Thomas Taranu, Sebastian Krimmer oder Andreas Toba, Andreas Bretschneider ...