03. Oktober 2022  
München, 30.09.1990  
Gerätturnen

*DEUTSCHE SPORTEINHEIT: Turner waren das erste wiedervereinte Sportteam nach der Wende

"KUNSTTURNMASTERS München 1990"


Drei Tage vor dem Vollzug der Deutschen Einheit am 03. Oktober 1990, trat zum ersten Mal in der Geschichte ein wiedervereintes deutsches Sportteam an: Das waren vier Turner Ost und drei Turner West in einer gemeinsamen Länderkampfriege in der Münchener Olympiahalle, beim sogenannten "KUNSTTURNMASTERS 1990", einem Dreiländerkampf gegen Olympiasieger und Weltmeister UdSSR und die USA ... ( Die Vor-Turner  (OTZ; 28-09-2020))
♦ ... ein historischer Wettkampf!


Unter der Schirmherrschaft des damaligen BRD-Innenministers Wolfgang Schäuble standen zum ersten Mal nach zuletzt 26 Jahren - als 1964 in Tokio unter den Klängen von Beethovens "Freude schöner Götterfunken" deutsche Turner in einer Riege in die olympische Arena zogen - nun deutsche Athleten unter denselben Klängern wieder in einer gemeinsamen Mannschaft. Zumindest optisch "In Eintracht" standen da erstmals "neben"einander die Trainer Dieter Hofmann (DDR) und Franz Heinlein (BRD), sowie die Turner-Ost Oliver Walther, der letzte DDR-"Sportler des Jahres", Andreas Wecker, Ralf Büchner und Jens Milbradt sowie auf "noch-bundesdeutscher Seite" Mike Beckmann, der leider schon Anfang 2014 viel zu früh verstorbene bayrische Ex-Nationalturner Rainer Lindner und Ralph-Ingo Kern  ...

Die erste wiedervereinte Sportmannschaft der Deutschen Einheit
30. September 1990: Olympiahalle München
'Kunstturnmasters 1990: Dreiländerkampf gegen UdSSR und USA

Der damalige Innenminister der BRD, Wolfgang Schäuble, eröffnete als Schirmherr den Wettkampf

Symbol- und einträchtig standen sie nun da nun in einer Linie, wie selbstverständlich und waren doch eben noch so weit voneinander entfernt gewesen, wie Sri Lanka vom Eiffelturm ... !
Sportlern, denen systembedingt - zumindest ostseitig - der Umgang mit dem einstigen Klassengegner von Klein an aberzogen war, private Kontakte untersagt blieben, bei Strafe von Konsequenzen, war nun normaler, menschlicher Umgang möglich ...
Längst noch nicht hatten damals alle jungen Männer die historische Tragweite dieses Wettkampfes begriffen.

Ralf BÜCHNER (damals noch ASK "Vorwärts" Potsdam), der im Folgejahr 1991 dann erster gesamtdeutscher Turn-Weltmeister (Reck, Indianapolis) werden sollte: 
": .. Mann, wir waren gerade mal knapp über Zwanzig, so richtig haben wir das Historische erst später geschnallt!  Was aber den Umgang unter uns Sportlern anging, da gab's von Anfang an keine Probleme!"

Ralph-Ingo KERN, mehrfacher Deutscher Meister, heute Dr. med., niedergelassener Orthopäde und Mannschaftsarzt bei den Fußballprofis der TSG 1899 Hoffenheim (2016)

Klar, da sollte schon ein Mann aus diesem sportlichen Erfolgssystem die Chef-Trainerposition übernehmen. Zur Disposition standen der Ex-DDR-Auswahlcoach Dieter Hofmann, der Berliner Wecker-Trainer Lutz Landgraf, der Cottbuser Cheftrainer Bernd Heide sowie die beiden Hallenser Uwe Ronneburg und Klaus Milbradt.
An ersterem schieden sich die Geister: Einerseits waren den DTB-Vertretern die strategischen und fachlichen Qualitäten eines weltweit anerkannten Trainers Dieter Hofmann bekannt, zu dem auch seine DDR-Athleten ein gutes, sauberes Verhältnis hatten.
Andererseits fürchteten sie aber die Angriffe der bundesdeutschen Presse gegen diesen Mann, dessen artikulierten politischen Bekenntnisse zu seinem nun im Untergang begriffenen Staat im Fokus der Medien standen; und auch die bundesdeutschen Athleten sehnten sich absolut nicht nach einer "Führungsfigur", wie sie damals Dieter Hofmann aus ihrer Sicht verkörperte....!

... und aus persönlicher Sicht des Autors dieses Beitrages:
Dieser 30. September 1990 war auch mein erster Arbeitstag als TV-Reporter beim ZDF. Tags zuvor noch und 40 Lebensjahre lang zuvor, war ich Teil einer anderen Wertewelt, eines anderen Systems von Normen, Denk- und Verhaltensweisen, und saß 10 Monate davor noch am Live-Mikrofon des DDR-Fernsehens bei der Stuttgarter Turn-WM.
Als Absolvent einer dereinst weltweit führenden und anerkannten Sporthochschule der Welt, der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig (DHfK), deren rigorose Abwicklung statt strukturellem Umbaus ich bis heute nicht nachvollziehen kann, gehörte ich später, als Journalist des "Deutschen Fernsehfunks" (DFF), zum Bestand des sogenannten "ersten Mediums der Partei", wie das im DDR-Jargon hieß. Und so hatte man schließlich auch die Schere im Kopf, wusste genau, was verbal oder bildlich ging oder nicht ging, bzw. "nicht zu gehen hatte...!!

Die USA-Mannschaft 1990 (- zur WM 1989 in Stutttgart Rang 8): mit
* Scott Keswick, Mark Warburton, Trent Dimas, Chris Waller, Bill Roth und Chainey Umphrey ...